von Stefan_Karl
Es war einmal Weihnachten 2020. Das Fest war so ganz anders – ebenso, wie sich das ganze Jahr von den übrigen unterschieden hatte. Das Ganze hatte schon im vorigen Winter angefangen und sich über die vier Jahreszeiten hingezogen.
Die Jungs und das Mädel verabschiedeten sich im März auf dem Fußballplatz voneinander – keine Trainings, keine Spiele. Jeder musste zu Hause bleiben. Wie gut war es da, dass die Spieler und Trainer zusammenhielten und von daheim aus mit Videos weiter trainierten. In den Sommer hinein war das gemeinsame Spielen dann wieder erlaubt worden – zunächst mit strengem Trainerblick und einem lauten »Geht’s auseinander, bitte!«, wenn sich die Kinder nahe kamen. Danach aber endlich wieder mit echten Meisterschaftsspielen und Zweikämpfen!
Im Herbst hatte es dann jedoch wieder von Neuem begonnen: kein Trainieren in der Mannschaft, kein Spielen. Nicht einmal eine Weihnachtsfeier war erlaubt. Da die Trainer und Spieler nie aufgaben, feierten sie trotzdem. Aber nicht wie üblich mit Schnitzerl, Pommes und Limonade am Sportplatz. Nein, alle saßen getrennt vor den Bildschirmen im eigenen Wohnzimmer: mit Kameras, Kopfhörern und Mikrofonen – und Tellern voller Kekse und Schokolade. Und ein Glas Sprudel vor sich. Der Trainer schaltete manchmal sogar alle Mikrofone leise, wenn alle durcheinanderquakten. Und dennoch machte die Feier Spaß, auch wenn alle zum Schluss sagten: »Nächstes Jahr feiern wir hoffentlich wieder wirklich gemeinsam«.
Als alle die Computer abschalteten, wurde es überall sehr still und jeder vermisste die Fußballfreunde, weil es einfach so Spaß machte, mit den Freunden gemeinsam zu kicken. Jetzt – wo die Jungs und das Mädel wegen der vielen Videotrainings so gut gespielt und auch so oft gewonnen hatten.
Ein bisschen traurig gingen alle zu Bett und lagen lange wach. Bis ein wachsamer Sandmann den Kindern und Trainern irgendwann den Schlaf in die Augen streute. Da er an den Nachmittagen ja meist noch nicht so viel zu tun hatte, hatte er den Juniors schon öfter heimlich bei ihren Matches zugesehen. Er beschloss, allen den gleichen Traum zu bringen. Der handelte von einem gemeinsamen Match in den blauen Trikots. Das Spiel ging allen leicht vom Fuß – das ganze Team schien gleichzeitig auf dem Feld zu sein. Alle halfen zusammen, passten und schossen Tore. Einmal die Eine, dann der Andere. Jeder probierte jede Position aus und ein Spielzug war schöner als der vorige. Jeder wusste, was er wo tun musste und die Tribüne war rappelvoll mit Fans. Tausende jubelten für die Juniors – ganz so, als ob jedes Kind seinen eigenen Fanclub mitgebracht hatte.
Am Morgen wachten die Kinder auf, rieben sich die Augen und erinnerten sich an den Traum. Sie erzählten einander davon und stellten fest, dass alle das Gleiche erlebt hatten – ganz so, als wären sie wirklich über den Platz geflitzt. Und da wussten alle, dass sie ein unschlagbares Team waren. Egal, ob sie gerade gemeinsam spielen durften oder eben noch nicht.
© Stefan_Karl 2020-12-20