Die weiße Bettdecke

Maria Kassewalder

von Maria Kassewalder

Story

Sie erwacht unter ihrer weißen Bettdecke und reibt sich ausgiebig die Augen. Sie greift nach dem Handy, das auf dem Nachttisch neben dem Bett liegt. Sie wischt die neuen Arbeitsaufträge zur Seite und legt das Handy sogleich wieder weg. Sie fühlt sich erdrückt von der weißen Bettdecke und bekommt fast keine Luft mehr. Sie schwingt die Decke zur Seite und greift zum Wasserglas auf dem anderen Nachttisch. Sie versucht aufzustehen, doch ihre Beine wollen sie nur schwer tragen und fast fällt sie auf den Boden, auf dem dank der vielen Zeit mittlerweile kein Staubkorn mehr liegt. Sie vermisst den menschlichen Kontakt und wird nostalgisch, ein leichtes Gefühl von Übelkeit betritt ihren Körper.

Sie stellt den Kaffeekocher nach der akademischen Viertelstunde im Bett auf den Herd und beginnt, von besseren Tagen zu träumen, an denen das Trinken des Kaffees in der Früh zwar Pflicht war, aber der Tag auch noch von mehr Spannung und Stress gefüllt war.

Sie wandert mittlerweile tagein, tagaus nur durch ein weißes Labyrinth ohne jegliche Farbe und neue Wege. Sie wünscht sich neue Bilder herbei, die die grauen endlich aus ihrem Kopf vertreiben. Sie will die Fühler ausstrecken und aus ihrer Routine ausbrechen. Sie will keine Spaziergänge mehr unternehmen und absolut gar keine Kuchen backen – und auch kein Brot. Sie will nicht mehr pünktlich um zehn von der weißen Bettdecke erschlagen werden.

© Maria Kassewalder 2020-04-10

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