Die weiße Fee

Lisa-Marie Schneider

von Lisa-Marie Schneider

Story

Meine Füße tragen mich fort. Denn nimmt mein Herz ganz still eine Stimme war, die im Geäst nach mir ruft. Als ein fallender Stern den Himmel erleuchtet, sehe ich, einen Mann zwischen den Tannen. Er befindet sich in einem gläsernen Raum. Um ihn ist alles weiß. Beinahe glaube ich, ich bin in einem Traum. Ich verspüre keine Angst und möchte sehen, wer diese Person in der Schneekugel ist. Mit schnellen Schritte nähere ich mich der Glaswand die mich von diesen Jemand trennt. Ich klopfe sanft gegen die Scheibe. Mit langsamen Schritten nähert er sich, um mich anzusehen, seinen Gast der niemals diesen Ort hätte betreten dürfen. Die Landschaft um ihn ist gefroren. Ein Fremder im ewigen Winter. Zittern bittet mich seine Stimme zu gehen. Hier ist kein Platz für ein Mädchen, wie mich, flüstert er. Doch kann ich meinen Blick nicht von ihm wenden. Will ich doch wissen, die Geschichte die ihn umgibt, wie das Glas den Schnee. Weil er weiß, dass ich nicht ohne Antworten gehen werde, spielt er mir ein Lied. Da sitzt dieser Mann umgeben von der Stille und beginnt auf einem Klavier aus Eis für mich zu spielen. Mit den Tönen malt er Farben in das Weiß. Ich kann seine Geschichte jetzt sehen. Ich kann seinen Schmerz hören. Und die verlorene Schönheit seiner Seele spüren. Als der Klang verstummt, bewegt sich der Mann wieder auf mich zu. Langsam lässt er seinen durchfrorenen Körper auf den verschneiten Boden sinken. Ich tue es ihm gleich. So sitzt nun kein Fremder mehr neben mir, sondern ein Freund. Er richtet seinen Kopf sehnsüchtig nach oben. Wieder tue ich es ihm gleich. Beinahe traue ich meinen Augen nicht, als tausende Sterne vom Himmel fallen. Ein Lichtermeer umgibt uns. In diesem Moment sehen uns das erste Mal wahrhaftig an. Der Mann in der Schneekugel weiß nun auch, dass ich ein Mädchen bin, dass diesen verboten Ort nicht ohne ihn verlassen wird. So drücke ich meine Hand gegen das Glas, dass uns trennt und er tut es mir gleich. Eine Berührung, ein Versprechen. Schrilles Läute von Glocken beendet abrupt diesen Moment. So sehe ich in der Ferne eine Gestalt, ganz in Weiß, auf uns zukommen. Ihre Flügel schlagen wild, und wirbeln den Schnee auf. Es wird auch im außen für mich nun kälter. Ich bekomme kaum Luft. Mein neuer Freund richtet sich auf, kann kaum stehen. Ich denke, er möchte die Frau auffordern zu gehen. Doch wirkt er plötzlich, wie festgefroren im Schmerz der Kälte. Die weiße Fee steht ihm nun gegenüber. Berührt in sanft. Liebevoll küsst sie ihn. Ich beginne zu schreien, er kann meine Stimme nicht mehr hören. Ich schlage meine Hände gegen das Glas. Doch ich bin nicht stark genug. So nehme ich einen gefallenen Stern und zerbreche mit aller Kraft die Wand, die uns trennt. Es ist zu spät. Als meine Arme seinen erfrorenen Körper umklammern, sehe ich in seine dunkeln Augen. Sie sind leer. Bin nun allein in einem Scherbenmeer. Meine Tränen frieren ein, denn er wird nie wieder bei mir sein. Die weiße Fee schlägt erneut mit ihren Flügeln. Kleine Flocken, große Flocken rund um mich. Eine lässt sich sanft auf meiner Nasenspitze nieder. Die Glaskugel schließt sich. Ich verfalle auch den Zauber der weißen Fee und wache auf. Spüre deinen warmen Körper neben mir. Und erkenne, dass der einzige Schnee im Raum, der auf unseren Tisch von letzter Nacht ist. Langsam drehe ich mich zu dir um, küsse deine Stirn. Die weiße Fee hat dich noch nicht für immer mit in ihrer Glaskugel genommen. Hoffe ich, dass dieser Raum, noch lange bleibt ein Traum.

© Lisa-Marie Schneider 2023-11-29

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Traurig