Die WG (9)

RheaWinter

von RheaWinter

Story

Die Zicken in meiner Wohnheim-WG waren während des Semesters so unerträglich geworden – ich sage nur ‚Da ist ein Fleck auf dem Küchentisch‘, dass wir schließlich beschlossen, in eine WG zu ziehen. J, weil sie nicht mehr alleine wohnen wollte, L, weil er J überallhin folgte und ich, weil ich dachte, es könnte nicht schlimmer kommen. Weit gefehlt. Die ersten Zweifel bekam ich, als wir unsere Sachen im Wohnheim packten. Ich fütterte die Waschmaschine mit dreckigen Klamotten und traf im Gemeinschaftsraum auf J und L, die kreischend um den Billardtisch tobten, sich festhielten und in ihrer Ektase gegen Sessel und Regale stießen. Ich stand daneben, die Hände in den Hosentaschen, und sah zu Boden. Andere Studenten schüttelten die Köpfe. Am liebsten hätte ich es ihnen gleich getan. J und L benahmen sich peinlich, noch schlimmer wie kleine Kinder. Ich habe mich geschämt, aber ich habe den Mund gehalten.

Als ich in die Wohnung einzog, kam es noch dicker. J und L waren einen Monat früher da, weil ich arbeiten musste, und dies markierte endgültig den Beginn ihrer Zweiershow. Sie hatten ihren Abfall in meinem Zimmer zwischengelagert, so als hofften sie, ich würde überhaupt nicht mehr erscheinen und fütterten sich mit Spaghetti, als ich mich mit meinem riesigen Koffer im Gang abmühte. Sie tollten über den Gang und beschwerten sich, dass ich mich ausgrenzte, wenn ich eine Stunde lang lesen wollte. Sie forderten von mir, sich ihre schrille Dubstep Musik anzuhören, da man ‚auch Neues ausprobieren soll‘, weigerten sich jedoch, eine einzige Folge meiner Lieblingsserie ‚Fackeln im Sturm‘ anzusehen. Sie warfen mir vor, keine Hobbies zu haben, verbrachten aber ihre gesamte Freizeit in der Wohnung, während ich einen Tanzkurs belegte. Sie waren immer zwei gegen einen. Dann machte J mit ihrem Jugendfreund Schluss. Dreimal darf man raten, warum. Gleichzeitig passierte allerdings noch etwas anderes, etwas Unerwartetes. Keine Ahnung warum, meine Gehirnzellen müssen in einem Buschfeuer untergegangen sein. Woher kam das Kribbeln, wenn L mich aus Versehen berührte? Woher das Lächeln, wenn er mich ausnahmsweise ansah? Wie konnte ich mich in jemanden verlieben, der alles, was ich mochte, scheiße fand und keinen Hehl daraus macht, es mir zu sagen? Ich war dumm, aber es war so. Wie J mich in den Arm genommen hat, als ich es ihr gebeichtet habe! Wie ich ihr anvertraut habe, dass sich jedes Mal, wenn er sie so ansieht, etwas in mir verkrampft. Ja, sie möge ihn auch, aber wir würden eine Lösung finden. Schließich bedeutete ich ihr sehr viel und sie wolle mich nicht verlieren. Pah! Ich spucke nochmal auf den Boden. Blöde Tränen, die hat sie nicht verdient. Wie konnte sie mir das antun? In dieser Nacht, in ihren Armen, habe ich ihr geglaubt. Etwas von unseren Nachmittagen im Café kehrte zurück. Sie war wieder J, ohne L. Dann habe ich nach den Weihnachtsferien das Kondom im Bad gefunden.

© RheaWinter 2024-11-01

Genres
Romane & Erzählungen