von Raphael Stompe
Ich stehe auf, wanke in die KĂŒche und mache mir einen Kaffee. Ich sehe der dunklen FlĂŒssigkeit dabei zu, wie sie Tropfen fĂŒr Tropfen in das Espressoglas flieĂt, nehme sie in meine HĂ€nde, trinke einen Schluck, der mir schmerzhaft offenbart, dass meine Kaffeemaschine nicht die Beste der Welt ist und lasse mich im Wohnzimmer auf die Couch sinken. Der Fernseher starrt mich an, ich starre zurĂŒck. Er fordert mich heraus die Fernbedienung aufzunehmen und ihn anzuschalten, ich gehe nicht auf die Provokation ein. Man startet seinen Tag nicht mit Fernsehen. Wer macht denn sowas?
âIch will aber Fernsehen.â Die Version von mir mit ihren schwarzen Augen und den Hörnern steht in der TĂŒre und sieht genauso mĂŒde aus wie ich.âFernsehen in der FrĂŒh ist fĂŒr Idioten.â âWer sagt, dass wir keine Idioten sind?â âWerden viele Idioten von ihren DĂ€monen verfolgt?â âIch kenne einen, der es wird.â âWer denn?â âDu.â âOh.â Mein DĂ€mon landet genĂŒsslich auf der Couch neben mir. Die Couch quietscht gequĂ€lt. Er schiebt sich nĂ€her an die Fernbedienung heran. Als ob ich das nicht bemerken wĂŒrde.âHörst du auf damit!â âIch will fernsehen!â âDann kauf dir einen Fernseher!â Schwarzer Rauch umgibt ihn. Es geht wieder los. Seine Augen beginnen rot zu glĂŒhen, erste Flammenzungen blitzen hervor. Seine ZĂ€hne werden spitz. Er thront neben mir und seine Augen bohren sich tief in meine Seele. Seine Macht reiĂt an ihr. Sie zieht mich in Richtung Abgrund â ich sehe ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Seine Macht zieht weiter. Meine Seele sieht sie mit hochgezogener Augenbraue an. âAAAaah.â, schreit er, âDas macht ĂŒberhaupt keinen SpaĂ, wenn dich das nicht einmal stört! Du könntest zumindest so tun, als wĂ€rst du betroffen. Ich bin ein DĂ€mon verdammt nochmal.â Ich nicke verstĂ€ndnisvoll. âJa, und du bist wirklich gut darin.â âSchon, oder?â âAbsolut. WĂ€rst du vor 5 Jahren gekommen, ich wĂ€re jetzt ein HĂ€ufchen Elend.â, versuche ich ihn aufzumuntern. âWeil ich fĂŒrchterlich bin?â, fragt er hoffnungsvoll, wĂ€hrend sich seine Erscheinung langsam wieder normalisiert.
Ich nicke und trinke einen Schluck Kaffee. Gut, meine Geschmacksnerven sind langsam zurĂŒckgekommen. Jetzt schmeckt er ja doch langsam. Ich merke eine Bewegung an meiner Seite. Ich sehe zu meinem DĂ€mon. Ich sollte ihn eigentlich nicht DĂ€mon nennen. Er mag es, wenn er Julian genannt wird. Also ich sehe zu Julian. Der hat seine Knie angezogen und sitzt in Fötusstellung neben mir.
âIch habe sogar einmal eine Auszeichnung bekommen.â âIch wusste gar nicht, dass es in der Hölle Auszeichnungen gibt.â âGibt es, die tun nur ein bisschen weh.â âGlaub ich.â Etwas bewegt sich an meiner Seite. Julian sitzt mit groĂen, schwarzen Augen neben mir. âDreh den Fernseher auf. Bitte.â âNein.â âAber es spielt gerade Conan der Barbar!â Das Bild meines Fernsehers blitzt auf, aus der Dunkelheit erhebt sich Arnold Schwarzenegger, sein Kampfschrei dröhnt durch die WG. Wir schreien glĂŒcklich mit unserem Helden. Sind wir halt doch Idioten.
© Raphael Stompe 2022-09-04