von Emilia Kropp
September. Tatsächlich ein Monat, der unsere Gemeinsamkeiten zeigt. Wir beide genießen jenes Wetter, wir beide haben etwas zu feiern. Ich entdecke in dir eine Macht, die mich festhält. Eine Kraft, die mich glücklich macht. Ich liebe es, wie du mir in die Augen blickst, ich liebe es, wie meine Hände in deinen ruhen.
Februar. Eine Zeit, in dem ich am liebsten in mein Bett kriechen will und ehrt wieder herauskommen möchte, wenn die nächste Kalenderseite aufgeschlagen wird. Wäre da nicht dieser eine Mensch, an dem ich mich seit Monaten festklammerte. Ich wollte mich in seiner Anwesenheit verlieren, doch je mehr ich mich festhielt, desto mehr zerbrach ich. Er war meine Zuflucht, aber auch mein Abgrund. Ein Mensch, den ich unbedingt haben wollte, durch den ich mich jedoch immer ein Stückchen mehr verlor. Ein Mensch, durch den ich meine Fehler entdeckte und der mich trotzdem nicht verlieren wollte. Warum warst du nur so perfekt? Ich wartete auf jede Nachricht, wie auf Sauerstoff. Und wenn eine kam, fühlte ich mich lebendig. Und wenn sie ausblieb, wurde ich zu Staub.
August. Seit fast einem halben Jahr haben wir uns nun nicht mehr gesehen. Seit fast einem halben Jahr verbraucht die Energie, die du mir immer gabst, stückchenweise. Eigentlich habe ich dich vergessen. Eigentlich. Denn eigentlich hallt dein Name noch immer wie ein Echo in meinen Gedanken und eigentlich trage ich deinen Pulli noch immer. Denn eigentlich muss ich noch immer an dich denken, wenn mich etwas an dich erinnert. Jeder Tag ist ein Versuch, nicht mehr nach dir zu greifen. Nicht mehr auf das „Was wäre, wenn“ zu hoffen.
Aber… aber eigentlich muss ich auch jedes Mal auf die Wunde blicken, die du mir schenktest, ein kaum wahrnehmbarer rosafarbener Fleck, der nicht weit von meinem Bauchnabel ruht. Ein Fleck, der dich nicht interessierte, als ich mit dem dampfenden Wasser in Berührung kam.
April. Vor ein paar Tagen hast du dich wieder gemeldet. Dein Name flackerte auf meinem Bildschirm, wie eine alte Wunde, die nie ganz verheilt ist. Ich habe nur ein Stück Pizza gegessen an jenem Tag. Statt des Hungers und der Pizza erfüllten mich Hoffnung und Angst. Hoffnung, dass es diesmal anders wird. Dass du dich diesmal anders verhältst. Angst, dass ich wieder falle. Ein einziges „Hey“ von dir und ich fühlte mich in der Zeit zurückversetzt. Ein einziges Wort von dir und ich war wieder dort, wo ich nicht sein wollte.
September. Seit einem halben Jahr reden wir nicht mehr miteinander. Wir sind keineswegs verfeindet. Aber befreundet sind wir auch nicht. Ich komme damit klar. Das sage ich mir zumindest. Ich habe mein eigenes Leben und ich mache mich nicht mehr von dir abhängig. Du hast mir immer mehr Energie geraubt, als mir welche zu geben. Du hast mir so viel genommen. Du hast mir so viel genommen, dass nicht nur meine Seele, sondern auch mein Körper etwas davongetragen haben. Und doch vermisse ich in schlechten Momenten, wie wertgeschätzt ich mich gefühlt habe, wenn du es tatst. Ich vermisse das Gift, weil es süß schmeckte.
© Emilia Kropp 2025-04-10