von Gabriele Leeb
Es war vor einem Jahr um drei Uhr nachts. Das Handy neben mir auf dem Beistelltisch klingelte. Unser Institut hat ja Tag und Nacht geöffnet, denn gestorben wird zu jeder Zeit.
„Abendröte“, meldete ich mich verschlafen. Eine aufgeregte Frauenstimme teilte mir mit, dass ein toter Mann in ihrem Bett liege. Im Hintergrund hörte ich noch eine weitere Frau sprechen. „Haben Sie schon die Polizei benachrichtigt?“, fragte ich.
„Warum sollten wir? Es war ja ein natürlicher Tod. Bitte, kommen Sie!“
Sie nannte mir ihre Adresse und beendete das Gespräch. Noble Gegend, dachte ich mir und machte mich fertig, obwohl ja meine „Kunden“ nicht weglaufen. Eine halbe Stunde später parkte ich vor einer pompösen Villa und läutete. Das Obergeschoss war voll beleuchtet und eine Dame in ihren Fünfzigern, öffnete mir das Tor. Ich stellte mich vor.
„Was für ein wunderschöner Name“, rief sie aus. Sie war in einem rosa Hauch von Nichts gekleidet mit einem offenen Satinnegligé darüber. Sie führte mich in ein riesiges Schlafzimmer, wo ein Arzt eifrig schrieb.
„Das ist unser Hausarzt Dr. Floh. Er hat einen tödlichen Herzinfarkt bestätigt und stellt gerade den Totenschein aus. Also Polizei ist nicht nötig! Mein Name ist Belinda Fauler. Sagen Sie ruhig Linda zu mir.“
Erst jetzt bemerkte ich den stattlichen, nackten Mann im großen Himmelbett.
„Ist das mein Kunde? Ich meine, der Entschlafene?“
„Ja, das ist Herr Heinrich M. Wir hatten gerade einen flotten Dreier, als sein Herz aufhörte zu schlagen. Er ist sozusagen gekommen und gegangen zur selben Zeit. Was für ein schöner Tod.“ Sie lachte leise vor sich hin.
„Wirklich, sehr schade um ihn. Meine Zwillingsschwester Anemone und ich vergnügten uns jeden Donnerstag mit Heinrich.“
In diesem Moment kam eine weitere Dame ins Schlafzimmer die Linda zum Verwechseln ähnlich sah. Nur war sie ganz in Schwarz gekleidet. Also eher spärlich. Ein kurzes Nachthemd, mehr nicht. Ihre blauen Augen sahen mich direkt an und mir wurde ganz warm ums Herz. Ich fahre ja total ab auf schwarze Dessous und blonde Haare.
Dr. Floh fand, dass es an der Zeit wäre, den Toten abzuholen. Ich verständigte meinen Angestellten und der Arzt verabschiedete sich. Auch ich wollte gehen, doch die Zwillingsschwestern baten mich zu bleiben. Sie wollten nach dem Vorfall nicht alleine sein und ich tat ihnen den Gefallen, denn ich bin ja ein Gentleman.
© Gabriele Leeb 2025-01-31