von Helga M. Stadler
Als typisches Kind der analogen Welt – aufgewachsen und sozialisiert in den 60er bis 80er Jahren – erlebte ich von den ersten zaghaften Schritten bis hin zur heutigen Allmacht der Digitalisierung, alles hautnah mit. Und, obwohl unmittelbar betroffen und den technologischen Entwicklungen gegenüber aufgeschlossen, war mit der feindlichen Übernahme von Smartphones als Teil der smarten Welt bei mir ein Punkt erreicht, an dem ich nicht mehr mitwollte.
Schon mit einfachen technischen und elektronischen Geräten überfordert, hat mich die Transformation in eine digitale Welt völlig überrannt und lässt mich, ehrlich gesagt, ziemlich staunend zurück.
Meine ersten Berufserfahrungen machte ich noch auf vorsintflutlichen Arbeitsgeräten, wie Personal-Computer, gleichermaßen unhandlich wie hässlich, Fax- und Kopiergeräten; ohne eigene Mailadresse oder Internetzugang. Als ich 1999 für einige Zeit ins Ausland ging und zurückkam, erkannte ich die Welt um mich herum nicht wieder. In diesen Monaten hatte sich Wien und seine Bevölkerung, zumindest für mich, komplett gewandelt. Plötzlich ging jeder Wiener auf der Straße mit einem Handy am Ohr, in den Öffis überlaute Gespräche – „Hearst mi eh, es rauscht so“ – und jeder meiner Freunde erzählte stolz vom selbst installierten Internetzugang und seiner ersten, meist urkomischen Mailadresse.
Exakt zwei Jahrzehnte später, ist die Welt von früher längst untergegangen, und Kinder und Jugendliche, wie meine Tochter, eine Millenniums-Geborene, können mit der analogen Welt von anno dazumal nichts mehr anfangen. Heute heißt es Google Maps statt Karte, Onlinebanking und -shopping statt Filialbesuch, Netflix statt Videothek, WhatsApp und Facebook statt persönlichem Kontakt, Alexa statt Sekretärin, Tinder statt Kontaktanzeige, YouTube statt Schallplatte – die Liste ließe sich endlos fortsetzen.
Die Digitalisierung bringt bzw. brachte derart viele UmbrĂĽche mit sich, dass sie als die neue industrielle Revolution, Industrie 4.0, angesehen wird. E-Mail, Messenger, Online- und Streamingdienste, Navigationssysteme, soziale Netzwerke und natĂĽrlich die allgegenwärtigen Smartphones bestimmen längst unser aller Leben. Und ich muss gestehen, dass ich mit der rasanten Entwicklung im Computer-Universum und der Dominanz der Digitalisierung als Frau 50plus nicht mehr Schritt halten kann bzw. will …
Mir reicht es schon, wenn James, mein neues Notebook, oder der Smart-TV nicht zickt oder gegen mich rebelliert! Oder Saugroboter Oscar endlich durchschläft und mich nicht stört, wenn er nachts mal wieder losfährt. An die WhatsApp-Kommunikation mit Tochterkind habe ich mich inzwischen gewöhnt.
„Die Maschine ist die souveräne Beherrscherin unseres gegenwärtigen Lebens“, merkte schon vor 120 Jahren Egon Friedell kritisch an. Mir geht es ähnlich. Ich fürchte, dass es in der Smart-Welt nur zwei Wege gibt … mit schwimmen oder untergehen!
Ich – ein digitaler Dinosaurier?!
© Helga M. Stadler 2020-09-22