von Rae Zappe
Der Türsteher hätte uns fast nicht reingelassen. Ich habe den doppelten Eintrittspreis gezahlt und auf einmal war der Club doch nicht mehr “zu voll”. Dabei wollte ich ursprünglich ohnehin nicht kommen, denn es ist Sonntag, und morgen muss ich wieder arbeiten.
Ich schiebe mich vorbei an vom Schweiß feuchten Körpern, dringe immer tiefer ein in ausgeatmete Luft und Bässe, die meinen Körper vibrieren lassen. Ich spüre die Musik in jedem Organ widerhallen.
–
An der Bar sagt ein Mann etwas zu mir, das ich nicht verstehe. Ich zucke die Achseln und er gestikuliert zu dem fast leeren Glas, das vor ihm steht, dann zu mir.
“Ich trinke nicht”, schreie ich ihm ins Ohr.
–
Die Lichter der Stadt verschwimmen, während ich tanze, ich sehe die Gesichter von Menschen, die ich liebe.Ich bin betrunken, und ich bin so glücklich. Ich begegne Blicken und ich lache, es bricht aus mir heraus, meine Liebe zum Leben. Die Menschen sind jung, wenn sie tanzen. Ich bin eine dionysische Prinzessin und Apoll ist den Alkoholtod gestorben. Die Musik ist ein Ozean, in dessen Wellengang ich auf- und untergehe. Der Himmel über mir ist tiefschwarz.
–
Wir stolpern auf die Straße. Es riecht nach Regen, nach Neuheit. Die ganze Welt ist jung und frisch und neu. Und wir sind mittendrin, in dieser kühlen Frühlingsnacht, unsere Herzen rasen, unser Atem leicht und aufgeregt, unsere Haut überall auf unserem Körper kalt, außer dort, wo sich unsere Hände berühren. Du sprichst und ich atme deine Worte ein, ohne sie zu hören, denn ich bin verzehrt von dem schwachen Schein der Straßenlaternen, die sich in den Pfützen auf dem Asphalt unter uns spiegeln, unsere Schritte brechen rhythmisch die Stille der schlafenden Stadt, begleitet nur von ein paar erwachenden Vögeln, die uns pflichtbewusst daran erinnern wollen, dass die Nacht nun vorbei ist. Ich zittere am ganzen Körper, vor Aufregung, vor Erschöpfung. Eine Straßenuhr drängt sich in mein Sichtfeld, erinnert mich an Raum, Zeit und Verpflichtungen, und für einen kurzen Moment steigt Panik in mir auf. Ich schüttele sie ab. Ich öffne mit tauben Fingern eine Flasche, die sich plötzlich in meinen Händen befindet, nehme einen Schluck, er schmeckt nach nichts, nach Wasser. Ich halte sie dir hin und lächle dich an. Wir sind jung. Dieser Moment wird nie vergehen.
© Rae Zappe 2022-09-01