von NATHANAELA
Viele meiner Reisen fĂŒhrten mich immer wieder nach Ungarn. Ich liebe dieses Landes sehr und bin fasziniert vom Klang der ungarischen Sprache. Ich war auf der Suche nach einem neuen Tanzlehrer, der mich trainieren konnte und als ich Noel das erste Mal tanzen sah, war mir sofort klar, der sollte es sein. Gesagt, getan. Noel ist ProfitĂ€nzer, Europa und Weltmeister und wirklich eine KoriphĂ€e in seinem Fach. Ein Lob kommt ihm nur selten ĂŒber die Lippen, aber wenn, dann kann man sich sicher sein, dass es eine gute Leistung war. Einmal im Monat fuhr ich also nach Ungarn, um dort einige Privatstunden bei Noel zu besuchen. Noel war ein sehr strenger Lehrer, immer etwas auf Distanz, jedoch je lĂ€nger wir uns kannten, desto mehr Raum gab es auch mal fĂŒr ein SpĂ€Ăchen. Noel zeigte sich auch mal von seiner herzlichen Seite, aber beim Training selber verstand er keinen SpaĂ. Bevor die Schritte und Figuren, der Ausdruck und die Bewegungen nicht perfekt waren, gab es keine Pause und schon gar kein Aufhören. Salsa ist eine seiner gröĂten StĂ€rken und wer mit ihm Salsa tanzt, der weiĂ, wie scharf ungarischer Paprika schmeckt. Noel wirbelte mich im Kreis, einmal, zweimal, irgendwann hörte ich auf zu zĂ€hlen. Völlig benommen von seiner Wahnsinnschoreographie, ( oder war es doch eher der ungarische Paprika ?), rollte ich nach dem Unterricht wieder der Heimat zu. Einige Wochen spĂ€ter: Ich hatte eine PrĂŒfung in Choreographie zu absolvieren, dafĂŒr sollte Noel mir als Tanzpartner dienen und die Choreographie sollte aufgezeichnet werden, da Noel ja unmöglich zur PrĂŒfung nach Ăsterreich anreisen konnte. Ich hatte mich fĂŒr den Title „Time of my life “ von Dirty Dancing entschieden, dieses zu tanzen stand weit oben auf meiner TrĂ€umeliste und es passte gut fĂŒr die PrĂŒfung. Noel hatte eine faszinierende Choreographie zusammengestellt, deren EinĂŒbung zahlreiche Ăbungsstunden erforderten. Der Tanz war eine Mischung aus GefĂŒhl und Leidenschaft, extremer Spannung und NĂ€he. Noel hatte seine genauen Vorstellungen, und jeder Schritt musste perfekt sitzen, sonst wurde von vorne begonnen. Bis wir die Choreographie im Kasten hatten, durchlebte ich ein Wechselbad der GefĂŒhle: Euphorie, Ăbermut, Lebensfreude, Frustration und Entmutigung, Erschöpfung und Schmerzen und schlieĂlich Dankbarkeit und ein bisschen Stolz. Noel hatte mir mit seinem Temperament und seinem Ehrgeiz wieder einen gewaltigen Adrenalinschub verursacht und nach der abschlieĂenden Hebefigur war ich fix und fertig. Die Choreographie Gott sei Dank auch. Voller Erwartung ging ich zur PrĂŒfung, alles wurde genau geprĂŒft und Noel hatte auf Perfektion hingearbeitet. Bei genauerem Hinsehen hatte ich das GefĂŒhl, mein PrĂŒfer hatte mehr Augen fĂŒr Noel als fĂŒr mich, kein Wunder, er gehört auch zu dem Typ Mann der mit seiner feurigen Art Frauen und MĂ€nner einfach umhaut. Ein echter Ungar eben. Die PrĂŒfung habe ich super geschafft und erinnere mich heute noch gerne an die glorreichen Stunden.
© NATHANAELA 2020-08-30