von Erich Huber
Ja, tue ich, wenn auch nicht immer gerne.
Das liegt zum einen an plötzlich aufpoppenden Festbeleuchtungen, gesteigerter Wahrnehmung oftmals kitschiger Musik und allgemein größerer Dunkelheit – heuer besonders. Zum anderen, dass gleichermaßen nur da Erinnerungen in hoher Dichte aufkommen, die sonst komplett ausgeblendet sind. Ich erwähnte schon mal, dass Weihnachten nicht so meines ist. Doch genauer darüber nachgesonnen fällt dann doch einiges ein.
Meine Großmutter, die an Heiligabend bei uns war und auf Butterbrot mit Sardellenringerl zum Essen bestand, weil das so gehört. Die unbedingt wollte, dass wir Weihnachtslieder singen, weil sie sich darüber amüsierte. Die flaschenweise Cherry-Likör als Geschenk bekam, welche dann im Geschenkspapier fast bis zur nächstjährigen Weihnachts-Deadline ihre Zimmer-Kredenz schmückten und sich gut eingeteilt reduzierten.
Mein Stiefvater, der mich hasste und ich ihn und der ein Bescherungs-Glockerl-Gebilde konstruiert hat, nur um zu beweisen, dass ich dumm bin und er clever. Sorry, “Papa”. Bin draufgekommen.
Meine Mutter, die meinem Sohn zu seinem ersten Weihnachten ihren Christbaum präsentierte, worauf dieser sich gleich über den Baum erbrochen hat und ca. 2 Jahre später sie am “Lenker” seines Buggys über den vollgestopften Adventmarkt im Alten AKH gerast ist und er sich auch da erbrochen hat.
Mein Sohn, der noch einmal ein paar Jahre später am gleichen Markt schauspielerisch vorm Punschstand torkelte und damit den Standbetreiber den Herzinfarkt nahe brachte, da der glaubte, statt Kinderpunsch den anderen erwischt zu haben.
Mein jüngerer Bruder und später mein Neffe, mit denen ich zwecks Bescherungsvorbereitung in Kinos, die es heute nicht mehr gibt, Zeichentrickfilme gesehen habe. Manchmal hat’s sogar ein wenig geflankerlt am Nachhauseweg.
Ich als Nikolo, der kurzfristig bei einem unserer Kunden eingesprungen ist, als dessen Miet-Nikolo ausfiel und der, weil mit Böse-Taten-Buch vorbereitet, der Mutter des Haushaltes mitteilen musste, dass sie nicht kochen kann.
Ich als Weihnachtsmann, der in einem Sozialverein einsamen Personen, ehemaligen Suchtkranken und anderen zusammengeschnorrte No-Budget-Geschenke überreichen durfte und die weinten, weil sie gebrauchte Kugelschreiber oder ähnliches bekamen.
Junge Leute – Punks, die in einer Straßenbahn spontan Instrumente auspackten und wo alle Passagiere gemeinsam Weihnachtslieder sangen.
Ein Kind, das mit seiner freundlichen, unaufgeregten und einfachen Art lächelnd Weihnachtszauber verbreitete.
Ein Lokal mit Leuten, die Weihnachten aus verschiedenen Gründen nicht feiern und wo ich an einem 24.12. gelandet bin und erstmals Interkultur und Barrierefreiheit der Gedanken wirklich erlebte.
Geschichten, die ich im Advent vorgelesen habe oder mir vorgelesen wurden.
Schnee in Wien – selten aber doch.
Live Aid und das Weihnachtslied, das am ehesten bei mir angekommen ist. Yes, i know.
© Erich Huber 2020-12-13