von Merlin64
Alleine auf Urlaub fahren durfte ich zum ersten Mal mit 16 . Jesolo, mit dem Zug, für 8 Tage.
Ich fühlte mich so erwachsen. Die Welt sollte wissen, dass es mich gibt! Das Hotel war furchtbar. Man steckte mich in eine bessere Besenkammer aber ich fühlte mich wie in einer Suite. Ich hatte Halbpension denn für jeden Tag Essen gehen reichte das Taschengeld nicht. Der Strand, eine Sardinendose der Superlative für bleiche, nordeuropäische Sardinen die ihren Platz im Sand und an der Sonne suchten. Das Meer war graugrün und stank und es waren mehr Plastikbecher und alte Badeschuhe drinnen als Fische.
Eines Abends entdeckten ich beim Abendessen im Speisesaal einen Tisch mit drei Mädchen. Italienerinnen ca. gleichaltrig. Wir freundeten uns zaghaft, gefesselt durch die Sprachbarriere an.
PAOLA, hatte einen Kurzhaarschnitt wie Steve Mc Queen, eine braungebrannte Haut wie Samt und Seide und große wunderbare Augen die so blau waren wie es das Meer vor Jesolo noch nie war. Sie raubte mir Herz und Verstand und war das Zauberhafteste was mir in meinem bisherigen Leben begegnete. Mit einem Kuss für Ahnungslose endete für uns beide dieser Urlaub doch es entstand eine intensive Brieffreundschaft.
Wir schrieben uns mehrmals die Woche und die Liebesschwüre wurden intensiver und unverblümter. Bis mich ein Tages eine Einladung von Paolas Eltern zum Osterfest erreichte.
Ich reiste mit dem Zug nach Mailand. Am Bahnsteig wurde ich von ihrem Vater empfangen. Ein großgewachsener ,hagerer, grauhaariger Mann, elegant gekleidet. Unweigerlich dachte ich an De Niro in „The Godfather“. Paola war mitgekommen aber mehr als ein schüchternes „Ciao Andrea“ war nicht erlaubt.
Im kleinen Ort Bascape wo sie wohnten angekommen standen dutzende Menschen vor Paolas Haus. Sie begrüßten und beäugten mich wie den Mann vom Mond. Nachdem ich der 5. Tante und der 3. Cousine vorgestellt wurde gab`s Mittagessen. Niemand sprach ein Wort. Die Stimmung war wie bei einer Beerdigung. Nach dem Essen signalisierte mir der Vater ich möge ihm folgen. Paolas Schwester begleitet uns da sie als Germanistikstudentin dolmetschte. Wir gingen in Paolas Zimmer und zum Fenster. Dort starrten er und ich auf eine große, unebene Sumpfwiese.
Mir wurde übersetzt, dass hier das Haus für uns zwei gebaut wird. In der Banca di Milano werde ich einen Job bekommen. Auch er, Paolas Vater arbeitet dort. Italienisch werde ich lernen aber Englisch und Deutsch wird mein Vorteil sein. Unseren ersten Jungen sollen wir nach dem Vater nennen, bei den Mädchen wär`s egal da dürfte ich frei wählen. Paola durfte dieser Vorfiletierung meines noch ungelebten Lebens nicht beiwohnen. Danach war es mir erlaubt mit Paola spazieren zu gehen allerdings folgten uns Schwester und 2 Cousinen mit 5 Meter Abstand.
Bevor der Zug abfuhr durfte Paola mich auf die Wange küssen. Sie weinte. Ich später im Zug. Am liebsten hätte ich sie in der Nacht zuvor entführt und wäre mit ihr weggelaufen. Doch Don Vito hätte uns sicher gefunden.
© Merlin64 2020-04-21