Dos Drahn, dos is mei Lebm

Hannes Zeisler

von Hannes Zeisler

Story

Nach dem Krieg waren die Menschen süchtig nach Unterhaltung, nach Kino und Tanz. Zu lange musste man darauf warten.

Wir besaßen ein altes Grammofon und ein paar Platten mit Nummern zum Tanzen. Meine ältere Schwester Elfriede versuchte, einigen Freunden meiner Brüder das Tanzen beizubringen. Es gelang ihr ziemlich gut, nur bei meinem Cousin Walter war die Liebesmühe vergebens. Vor allem brachte er keinen Walzer zuwege, da er sich immer nur nach einer Seite drehte! Als Musik- und Bewegungsmensch interessierte mich schon als 11-Jähriger das Tanzen und ich beherrschte bald alle Grundschritte der Gesellschaftstänze, außer den lateinamerikanischen.

1946 fand bereits ein Kirtag in meinem Heimatort Rudmanns statt, bei dem auf einer Freibühne getanzt wurde. Es dauerte nicht lange und es holte mich die Schwester meines Schulfreundes Bruno zum Tanzen. Mir Knirps schwoll natürlich der Kamm! Offensichtlich hat sie meine Erwartungshaltung bemerkt und gesehen, dass ich mich nicht getraute, ein Mädchen zum Tanzen aufzufordern. Die Musik besorgte übrigens die Kapelle “Froh und Heiter”, die meistens “Froh und Haider” genannt wurde, weil ein Musiker Haider hieß. Mein Bruder Sepp wirkte als Schlagzeuger mit. Die Besetzung war bemerkenswert: 1 Geige, 1 Saxofon, 1 Ziehharmonika und eine Tuba und das Schlagzeug.

Zwei Jahre später gab es einen Maskenball im Gasthaus Fröschl. Daran nahmen auch meine Eltern teil und ich war auch dabei, allerdings nicht maskiert. Inzwischen war ich ziemlich gewachsen und kam als Tänzer eher infrage. Eine Rudmannserin näherte sich mir und flüsterte mir ins Ohr: “Tanz bitte mit mir, ich möchte meinen Verlobten ein wenig eifersüchtig machen!” So sind die Frauen! Arbeiten mit allen Tricks!

Eines Tages war wieder einmal Hochbetrieb in unserem Haus. Es wurde getrunken, gesungen und getanzt. Als die Stimmung schon etwas fortgeschritten war, schnappte sich mein Bruder Karl die Frau des Bürgermeisters, die auch anwesend war, und tanzte mit ihr von der Küche durch das Vorhaus in das Schlafzimmer und zurück. Dabei sang er das Lied “Dos Drahn, dos is mei Lebm” ! Bei uns war immer etwas los!

Zwei Tanzkurse besuchte ich noch während meiner Studienzeit in der Lehrerbildungsanstalt St.Pölten. (Siehe auch die Geschichte “Die Tanzkursflanke”!) Ich tanzte für mein Leben gern. Mit meiner Frau besuchte ich auch einen Tanzkurs für Senioren und da legten wir schon auch einen Rock’n’Roll hin, dass sich die jungen Tänzer wunderten!

Bei einem Urlaub in Ellmau in Tirol wurde an einem Abend getanzt. Da waren meine Frau und ich natürlich dabei und etliche deutsche Urlauber (es gab keine Österreicher!) sahen uns zu und meinten, wir wären von einer Tanzschule! So ziemlich perfekt beherrschten wir auch Rumba und Cha-Cha-Cha ! Nun habe ich leider kaum mehr Gelegenheit zum Tanzen!

© Hannes Zeisler 2023-04-12