von Joachim Salmann
„Dass man sich um die Schwachen nicht kümmert, habe ich bei meinem ersten Besuch in Karachi auch festgestellt,“ stimmte eine Ärztin aus der benachbarten Ecke zu. Der Indus kommt alphabethisch kurz hinter den Indianern. „Eigentlich sollte ich ja nach Indien.“
„Und warum bist Du in Pakistan geblieben?“
„Weil ich dort gebraucht wurde. Unter den Armen der Armen in den Slums von Karachi ging es Lepra-Kranken noch schlechter als allen anderen.“
„Als Ärztin konntest Du diesen Kranken gut helfen.“
„Lepra ist eine schlimme Krankheit. Aber da kann man helfen. Ich konnte das Marie Adelaide Leprosy Centre in Karachi zu einem Anlaufpunkt für Lepra- und Tuberkulose-Kranke sowie Sehbehinderte aufbauen. Ohne die Unterstützung durch die Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe und die Christoffel-Blindenmission hätte ich das alles nicht geschafft.“
„Mit finanziellen Mitteln im Rücken kann man besser kämpfen.“
„Und kämpfen musste ich viel gegen die Ignoranz, das Unwissen und die Angst der Menschen vor diesen unheilbaren Krankheiten. In allen Regionen Pakistans habe ich Aufklärung und medizinische Pionierarbeit unter schwierigsten Bedingungen leisten müssen.“
„Alleine war das sicher nicht zu schaffen.“
„Das ging nur mit meinen engagierten Mitstreitern, die ebenfalls oft ihr Leben riskierten. Da wir oft auf Stammesgebieten unterwegs waren, mussten wir uns immer mit den lokalen Führern einigen.“
„Vor allem die Gebiete Richtung Afghanistan werden ja immer wieder von Terror überrollt.“
„Die Khyber Pakhtunkhwa wird ja inzwischen schon manchmal als Ost-Afghanistan bezeichnet. Und die Taliban sind leider nicht die einzige Bedrohung. Jeder hat Angst, irgendetwas zu ändern. Manchmal hat es geholfen, dass wir von der pakistanischen und der deutschen Regierung anerkannt und unterstützt wurden. Manchmal half nur Geduld und Beten.“
„Hat sich Dein Einsatz gelohnt?“
„Ich hoffe, dass heute niemand mehr wegen Lepra oder einer anderen chronischen Krankheit wie ein Aussätziger behandelt wird. Bei Lepra konnten wir sogar erreichen, dass die Krankheit inzwischen als heilbar gilt. In meinen Anfangsjahren undenkbar!“
„Wie sehr wurde Pakistan von der Corona-Pandemie getroffen?“
„Das habe ich nicht mehr miterlebt. Aus meiner Erfahrung weiß ich aber, dass die Armen, Kranken und Schwachen immer zuletzt die nötige Hilfe bekommen. Was mir immer das größte Anliegen war: Keiner soll unnötig abgesondert und versteckt ohne Zuwendung und Behandlung bleiben! Menschen mit chronischen Krankheiten brauchen unsere Gemeinschaft und unsere Hilfe.“
© Joachim Salmann 2024-02-18