von Philipp Walden
Abends begebe ich mich in Lux‘ Zimmer im Gasthaus, um ihn zu befragen.
„Herr Lux, ich habe drei Fragen an Sie“, sage ich zu ihm.
„Drei?“ Lux sieht mich an, als wäre ich nicht ganz bei Verstand.
„Korrekt. Exakt – drei – Fragen! Und abhängig von Ihren Antworten“, erkläre ich und tippe auf seine Brust, „werde ich Ihnen mehr oder weniger Fragen stellen.“ Mein Blick brennt in seine Augen. „Also wählen Sie ihre Worte weise.“
Lux fällt in seinen Sitz.
„Meine erste Frage:“, sage ich und nehme einen Apfel aus der Obstschale, „Darf ich?“
„Gerne.“ Er lacht auf. Seine Schultern sinken herab.
Ein, zwei Bissen später setzte ich mich ihm gegenüber. „Sind Sie mehr der süße Apfel Typ oder der saure?“
„Ist das die zweite Frage?“
„Wollen Sie lieber eine andere zweite Frage?“
Lux lehnt sich in seinem Stuhl zurück und schmunzelt. „Süß.“
„Hm.“ Ich stehe auf und nehme einen weiteren Bissen. „Ich mag ja eher die sauren.“
Lux weist zur Obstschale: „Bitte, nehmen sie den zweiten auch.“
„Perfekt, danke. Vielleicht stoßen wir später ja noch aufeinander“, erwidere ich und greife zur Türklinke.
„Gerne. Und bestimmt!“
„Ach ja. Wie lange arbeiten Sie schon an dem Vermissten-Fall?“
„Seit mehreren J…“, sagt Lux in Gedanken, „also, ich bin seit ein paar Wochen hier.“
Ich nehme meine Hand von der Tür und setzte mich wieder hin. „Und wo waren Sie vor ein paar Wochen?“
„Woanders“, meint er. „Zu Hause. In der Stadt.“
„An einem anderen Fall gearbeitet?“
Lux streckt seinen Rücken gerade. „Ja, genau.“
„Und dann haben sie von diesem Fall erfahren und sind dem nachgegangen.“
„Exakt.“ Er lächelt, überlegt zwei Sekunden und sagt: „Und dann kamen Sie auf einmal hierher.“
„Zu Ihrem Glück. Wenn es einen Täter gibt – und den gibt es, das ist eindeutig – werde ich ihn finden.“ Ich stehe auf. „Das tue ich immer. Außerdem-“ Ein schriller Schrei ertönt vom Hof durchs gekippte Fenster in unsere Ohren.
© Philipp Walden 2024-07-03