Dreikäsehoch, Klettermaxe und Advent

GONI

von GONI

Story

Ein ganz normaler Hocker, ein Schammerl und ich.

Also uns drei gibt es, seit ich denken kann. Und die drei haben die wechselhaften Zeiten überlebt, sie gibt es immer noch. Also von mir gibt es eine Geburtsurkunde, die beiden hölzernen Möbel sind vermutlich vor meiner Zeit entstanden. Also, wenn die reden könnten, dann würden sie viel ausplaudern, ein Buch könnte es werden. Aber hier ist nur wenig Zeit und Platz, also werde ich unsere Geschichte schildern.

Das Schammerl ist zuerst vor meine Augen gerückt, als ich auf allen Vieren rutschte und eine Gelegenheit zum Aufrichten oder Sitzen suchte. Umgekippt oder umgedreht hatte ich ein Schiff, mit dem ich die Weltmeere unsicher machte. Unsicher war ich selbst als Dreikäsehoch auch noch. Aber ich und das Schammerl blieben unzertrennlich, weil es mich größer machte. Irgendwann habe ich dann mit dem Schammerl auch den Olymp erklommen, verzeiht mir, nur das Stockerl. Von dort ab war nichts mehr vor mir sicher verwahrt, denn auch der Küchentisch gut erreichbar. Zum Festhalten die Henkel vom großen Weidling oder … Ganz nach dem Lied von Hugo Wiener und Cissi Kraner, „Wie man eine Torte backt.“

Meine Mutter hatte alle Hände voll zu tun, wenn es darum ging Kekse zu backen. Denn zur Adventzeit wurde unsere kleine Küche zur Bäckerei. Das große Nudelbrett hervorgeholt, Kochlöffel und allerlei Lebkuchenzutaten, Teige aller Art, Früchtebrot, Nüsse, Mandeln, Orangeade, Zitronat, bunte Streusel, Schokostreusel, Kochschokolade, Mehl, Zucker etc. dufteten sooo gut, dass ich nicht umhinkonnte, nach den Leckereien zu grapschen und vor der Zeit Leckerbissen in meine Finger und dann in den Mund zu stecken. Jeder Teig wurde auch roh gekostet, denn wenn das fertige Produkt gut, nein ausgezeichnet schmeckt, dann muss doch der Weg dorthin auch schmecken. So meine Meinung damals.

Vor Weihnachten gab es keine Kekse zum Naschen, höchstens die Randstücke gelegentlich am Sonntag. Denn die fertigen, bunten Leckerli wurden sofort in bereitstehenden Blechdosen von Nürnberger Lebkuchen verpackt und Orangenschalen dazugelegt. Denn weit und breit gab es nur hier bei uns solche herrlichen Kekse und Lebkuchen, dass sich viele Freunde und Verwandte schon darauf freuten, von meiner Mutter mit ihren Vanillekipferl und Co. beschenkt zu werden. Für große Wertschätzung wurden Schuhkartons gefüllt, sonst kleinere Schachteln, Schächtelchen oder auch Sackerl, der Vorrat schmolz täglich dahin, sodass oft und oft nachgebacken und noch einmal Lebkuchenteig gerührt werden musste. Das einzige, das nicht gut roch, war das heiße, in Wasser aufgelöste Hirschhornsalz, das in den Teig eingerührt wurde. Aber es gehört einfach auch zum Advent. Ganz früh gab es auch mal selbstgemachtes Königsberger Marzipan. Als dann der Handel das auch anbot, lohnte sich der viele Aufwand nicht mehr. Am Weihnachtstag stand dann endlich der heißersehnte Teller mit den köstlichen Keksen auf dem Gabentisch.

© GONI 2020-12-10

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