von Claudia Schwarz
DRINNEN wird es mir manchmal zu eng, zu viel, zu kompliziert, zu zu.
Ein weiser Mann hat mal zu mir gesagt: “Erwachsen sein bedeutet, dass es immer mehr zu tun gibt, als man tun kann.” Das erleichtert mich, denn das bedeutet wohl, dass es nicht nur mir so geht. Und es lehrt mich, dass ich Prioritäten setzen muss und dass ich mich damit anfreunden muss, nie mit allem fertig zu werden – was ja auch eine positive Seite hat. Was täte ich denn, wenn ich mit allem fertig wäre?
DRAUSSEN ist das anders – draußen bin ich anders. Da kann ich einfach sein.
Wie letztens am Unterberg. Da bin ich einfach raus – um zu sein.
Der Vorabend war erfüllt mit Vorfreude auf den kommenden Tag – ich hatte überraschend frei, mein Training war abgesagt worden und das Wetter war gut angesagt. Mein Plan: auf den Unterberg, auslaufen, Kopf frei machen, die Route für kommende Skitouren schon mal abgehen.
Mein Plan geht auf! Von wundervollen Ausblicken begleitet steige ich durch den Wald und über Wiesen hinauf zum Gipfel, wo mir der Wind um die Nase weht. Ein Stück abwärts finde ich einen windgeschützten Platz in der Sonne – ideal für eine Jausenpause, bevor es über die Skipiste wieder zurück zum Parkplatz geht. Hopp, hopp, hopp. Noch liegt kein Schnee, was mich nicht davon abhält schon ein paar “Schwünge” auf der Wiese zu hüpfen.
DRAUSSEN gibt es keine ewigen to do Listen, da gibt es die Natur, den Berg. Dem Berg ist es egal, ob ich ihn besteige oder nicht. Er hat keine Erwartungen. Vielleicht ist es das, was das Berggehen so wohltuend und heilsam für mich macht. Vielleicht ist es auch eine besondere Form des Energieerhaltungssatzes: der Berg gibt mir Energie, weil ich Energie aufwende, um hochzukommen. Vielleicht ist es auch die Unmittelbarkeit der Natur – hier spüre ich direkt, ich erlebe unmittelbar die Konsequenzen für mein Tun & Sein. Was auch immer es ist, es tut mir gut!
Erfüllt kehrte ich am Nachmittag zurück in mein DRINNEN, wo es mir vorher zu viel war. Wenn ich von DRAUSSEN komme, ist das anders. Dann fühlt es sich DRINNEN gut an: geschützt, heimelig, zentriert, zu Hause.
Und ich erkenne: Ich brauche beide, das DRINNEN und das DRAUSSEN.
© Claudia Schwarz 2020-12-28