von Dean Adams
Heute ist es wieder passiert. Generell ist es in letzter Zeit zu oft vorgekommen, dass ich dich angerufen habe. Einfach aus Reflex. Du bist meine beste Freundin und als dich letztens jemand erwähnt hatte, hab ich dich wieder etwas mehr vermisst. Ich weiß noch, wie du mir bei unserem letzten Gespräch gesagt hast, wir sollten uns häufiger sehen und auch, dass ich die Risiken, von denen ich dir damals erzählt habe, eingehen sollte. Das tat ich auch. Und obwohl das meiste wirklich unglaublich schön war und mehr als gut gegangen ist, gab es das ein oder andere Mal auch Tiefschläge, die ich glücklicherweise dank meiner Freunde verkraften konnte. Wirklich jetzt, ich kann es kaum erwarten dir davon zu erzählen!
Wir haben uns schon so lange nicht gesehen. Du denkst wahrscheinlich, also falls du ab und zu mal an mich denken solltest, dass ich nach wie vor mit Philipp zusammen bin. Doch das bin ich schon lange nicht mehr. Ich wohne auch nicht mehr in der kleinen Altbauwohnung, in der du mich besuchen wolltest, es aber nie getan hast. Und ich hoffe sehr, dass du kein Einzugsgeschenk hattest, das nun irgendwo herumsteht und in dir ein schlechtes Gewissen hervorruft, weil du es noch immer hast.
Lange habe ich mich wirklich gefragt, ob wir überhaupt noch Freunde sind, wenn wir uns schon so lange nicht mehr gesehen oder gesprochen haben. Und wenn wir uns nicht zufälligerweise am Bahnhof über den Weg gelaufen wären, hättest du meine Nummer wohl längst aus deinen Kontakten gelöscht.
Ich konnte dir also nie davon erzählen, wie der einzige Traum, den ich je hatte, in Erfüllung gegangen ist. Ich weiß noch, wie überglücklich ich war und auch, dass ich jedem davon erzählt habe. Das heißt jedem, außer dir. Du weißt nichts von meinen Urlaubsreisen, meinem neuen Job, du hast keine Ahnung, dass nach Philipp jemand besseres kam, der mein Leben komplettiert und du weißt auch nicht, wie oft ich jeden Tag an dich denken muss. An dein freundliches Grinsen, deine Stimme, wie sie mir erzählt, ich solle mich nicht so anstellen und mich motiviert mehr zu wollen und zu wagen.
In meinen Gedanken laufen dieselben Punkrock Songs, die du andauernd gehört hast, auch wenn ich sie manchmal unerträglich fand. Keine Ahnung, ob du sie nach wie vor hörst. Ehrlich gesagt weiß ich auch gar nicht, ob ich dir das alles mitteilen sollte. Aber irgendetwas in mir will, dass du das alles weißt. Ich will, dass du und ich wieder dort anknüpfen können, wo wir aufgehört haben. Du fehlst mir nach wie vor und egal wie viele neue Leute mein Leben betraten, niemand konnte deinen Platz auch nur ansatzweise füllen.
Ich komm mir zugegeben auch etwas lächerlich vor, dir das auf diese Weise zu sagen. Ich rede für gewöhnlich nicht über dich oder generell sowas. Nicht einmal meine Freunde wissen, wie sehr ich dich vermisse, wie oft ich mich frage, wie es dir geht oder was du machst. Und niemand weiß, dass ich schon wieder deine Nummer gewählt habe, obwohl du nicht abheben wirst.
Nie wieder wirst du ans Telefon gehen.
© Dean Adams 2022-07-12