von Ina Nym
„Muss sagen du gefällst mir aber leider bist du ja in einer bez.“, schreibt er mir. Dabei sind die fehlenden Kenntnisse über Rechtschreibung noch das wenigste, was mich daran abstößt.
Er ist Südsteirer, zwanzig Jahre älter, schreibt mir direkt, dass er gerne an seinem Pool liegt, nun aber ein Regenschauer vorbeigezogen sei, was ihm nicht sonderlich zusage, wenn er doch ‚endlich mal‘ frei habe. Bald drei Wochen – und im September noch einmal, aber da fahre er weg. Nach diesem kurzen Intermezzo schmeißt er oben genannten Satz in die Privatnachrichten auf einer bekannten Social-Media-Plattform, die er offenbar mit einem Dating-Portal verwechselt.
Es ist nicht das Alter – Liebe kennt keine Altersbeschränkungen – es ist diese unglaublich präpotente Ansicht, ich wäre ja verfügbar, wäre da nur meine Beziehung mit meinem Partner nicht. Früher, als ich tatsächlich Single gewesen war, kam nach der Frage, ob ich alleinstehend sei, zumeist direkt der Anspruch ‚gut, dann bin jetzt ja ich da‘.
Nach drei Sätzen, die von ihm gekommen waren. Rein vom Profil her schon nicht mein Fall, aber mein Empfinden war hier wohl mehr als nebensächlich. Nun war schließlich er da und hatte ein Anrecht auf ein Kennenlernen, eine Beziehung – und natürlich Sex.
Dumm nur, dass gerade diese Männer mit mir höchstwahrscheinlich nichts anzufangen wüssten.
Zunächst ist mir vollkommen egal, ob jemand ein Haus oder einen Pool besitzt – für mich muss es – und zwar vollkommen egal, ob nun Partnerschaft oder Freundschaft – auf menschlicher Ebene passen.
Nun – und dann muss das Ganze auch noch langsam wachsen. So gut ich weiß, dass andere nach einer durchzechten Nacht im Bett und dann in Beziehung, Ehe und eigener Familie landen, so suspekt war mir dieser Lebensentwurf schon immer. Nicht auf andere bezogen – denn es ist ihr Leben und das, was sie wollen – lediglich in meinem persönlichen Falle.
Erschwerend kommt hinzu, dass ich auf dem asexuellen Spektrum bin und eigene Kinder, Heirat und Hausbau für mich ohnehin nie infrage kamen.
Männer, die mich also in der Hoffnung, schnell unter die Haube zu kommen, anschrieben, weil sie mich am Profilbild für attraktiv hielten, hatten also seit jeher keine Ahnung, mit wem sie es zu tun hatten – zumal ich auch nie aktiv auf der Suche nach einer Liebesbeziehung gewesen war. (Selbstverständlich auch aufgrund all der möglichen Träume, die ich ihnen niemals hätte erfüllen können)
Ließ ich allerdings anklingen, dass ich kein Interesse an einem ‚Date‘, Sex oder einer Beziehung hatte, kam unmittelbar ein „Warum“. Die Aufforderung zur Rechtfertigung oder die Diagnose, dass mit mir etwas nicht richtig sein konnte, wenn ich ihn nicht treffen wollte.
Mag sein, dass mit mir nicht alles stimmt, aber ein ‚Nein‘ ist ein vollständiger Satz – und niemand hat das Recht, hier noch eine Rechtfertigung einzufordern. Insbesondere dann, wenn es um etwas geht, was das Gegenüber involviert, wie es etwa bei einer Liebesbeziehung oder körperlicher Intimität der Fall ist.
Gerade menschliche Zuneigung kann weder erzwungen noch gerechtfertigt werden. Weder im wahren Leben, noch in den Untiefen des Internets.
© Ina Nym 2024-07-13