von Gerhard Maier
Auf unserer schönen Erde gibt es auch dumme Hunde, Brasilien ist da nicht ausgenommen. In Niteroi am Rio de Janeiro haben wir Tante Erika, unsere brasilianische Mutter besucht. Aus ihrem Mund hörte ich zum ersten Mal den portugiesischen Ausdruck: cachorro bobu (sprich: kaschoru bobu). Auf der Uferpromenade steuerte ein Mann frontal auf uns zu, ungebremst, ein kleiner Hund folgte ihm. Erika zischte: „Cachorro bobu!“ Im letzten Moment wichen Mann und Hund aus. Ich fragte Erika, was sie da so hasserfüllt herausgepresst hat. „Dummer Hund!“, dabei habe sie aber nicht den Hund gemeint.
Cachorro bobu! – Dummer Hund! Diesen portugiesischen Ausdruck habe ich in mein Reiserepertoire übernommen, weil er offensichtlich ein breites Spektrum abdeckt. Ich habe ihn auch schon angewendet.
In Mosambik saßen wir in einem Freilichtrestaurant, ein Mauerring grenzte die Sandfläche von der Straße ab. Das Tempo in Schwarzafrikanischen Restaurants kann sehr gemächlich sein. Betritt man einen solchen Platz, lehnt die Kellnerin noch ein paar Minuten an der Ausgabetheke, bis sie sich um das Wohl der Gäste kümmert. Dabei wirkt das Personal oft unsicher und schüchtern. Wir haben also Platz genommen, ein magerer Straßenköter springt über den Mauerring, die Kellnerin beginnt zaghaft den Hund zu verscheuchen, was diesen nicht beeindruckt. Im lauten Befehlston mit eindeutiger Kopfbewegung packe ich mein „Cachorro bobu! – Dummer Hund!“ aus, der Köter schaut mich kurz an und trollt sich im Sprung zurück auf die Straße. Die anderen Gäste applaudieren. Der Hund hatte offensichtlich Erfahrung mit Weißen, die Portugiesisch sprechen.
In Setubal, südlich von Lissabon, hatten wir noch ein einfaches Hotelzimmer im obersten Geschoss ergattert. Das Hotel war ein sechsstöckiger Turm mitten auf einer Asphaltfläche. Von der Lobby führte ein Stiegenhaus in die Höhe, rundherum waren jeweils drei Zimmer angeordnet. Alle Böden war mit Kunststoffteppichen ausgelegt. Piktogramme wiesen auf richtiges Verhalten bei Feuer oder Erdbeben hin, im Ernstfall musste man über das Stiegenhaus hinunter ins Freie. Erst war an kein Einschlafen zu denken, weil ich in der Fantasie schon die lodernden Flammen das Stiegenhaus hinaufbrennen und uns durch den Rauch hinunterkämpfen sah. Endlich hatte ich mich an dieses Szenario gewöhnt, hörten wir nahes und monotones Hundegebell. Ein Hund ging offensichtlich im Kreis rund um das frei stehende Hotel, alle 7 Sekunden ließ er einen einzelnen Bellton in die Stille der Nacht. Es dauerte bis 5 Uhr früh, bis wir uns daran gewöhnt hatten, Verkehrslärm dämpfte das Bellen.
Als ich in der Früh auf die Straße trat, watschelte gerade ein dicker Hund an mir vorbei, mit dem markanten Beller auf den Lippen, der mir die Nacht vergällt hat.
Ich kann nicht anders und bringe mein „Cachorro bobu! – Dummer Hund!“ an. Er wendet den Kopf nur wenig, schaut mich verächtlich an und bellt weiter.
Conclusio: Bei jedem Hund hilft die Zauberformel nicht.
© Gerhard Maier 2021-03-13