„…Luftschiffer und sanft einschlagende Feuerkugelbaron über Mondsee“. So lautet mein Name, seit ich in den Adelsstand erhoben wurde. Dabei hat man doch diese Titel mit dem Ende der Monarchie vor über 100 Jahren auf dem Misthaufen der Geschichte entsorgt. Außerdem bin ich nun Herr über einen üppigen Landstrich zwischen Mondsee und Lochen am See. Allerdings erst zehn Meter ÜBER dem Boden.
Zu den „Mongolfieren“ gehören ein Dutzend Leute, darunter ein Pärchen aus Italien. Eigene Begleiter fanden sich nicht (Keine Zeit/Lust/nix für mi/bist oarg, Oida, um fünfe aufstehn?). Egal, 6 Uhr morgens auf einer Wiese zwischen Mondsee und Irrsee. Ballonhülle ausrollen, Luft erhitzen, das Ding steht. Eine Sache von wenigen Minuten. Ein Regionalblatt hat sich als Sponsor auf dem blauen Stoff verewigt – hier wie dort nichts als heiße Luft, wie passend! Behende in den erstaunlich geräumigen Korb klettern, der Pilot dreht am Gashahn und langsam entschweben wir der Welt.
Der Irrsee schimmert einhundert Meter unter uns. Einige Fischerboote und ein paar Standup-Paddler verteilen sich wie Pfeffer- & Salzstreuer auf der dreieinhalb Quadratkilometer großen grünen Tischdecke. Es ist ruhig auf den Straßen. Wir passieren den Kolomannsberg mit seinen weiss-glänzenden Kugeln und queren die Landesgrenze nach Salzburg über die kleine Sommerholz-Kirche hinweg. Der erfahrene Pilot erklärt die unter uns durchziehende Landschaft. Auch auf Englisch, wegen der Italiener. „Here you see se Waller-lake, and over ser you can see se Obertrumer and se Matt-lake.“ Es hört sich wie „Mud-lake“, also Schlammsee an. Was sich die Italiener wohl dabei gedacht haben? Der Grabensee passt da noch vorzüglich dazu.
Wir steigen auf eintausendzweihundert Meter. Am Schatten des Ballons zur Erde kann man die Fortbewegung erkennen. Wir überqueren die Wälder hinter dem Kolomannsberg, Wiesen, abgelegene Bauernhöfe und Ortschaften. Menschen, winzig wie Ameisen, führen Hunde Gassi, sitzen am Traktor, fahren Rad, schauen nach oben. Bei Lochen am (Mud)-See suchen wir uns einen geeigneten Landeplatz. Ein einzelnes Gehöft, eine Stromleitung (der natürliche Feind des Luftschiffers), ein kleiner Weiler. Beim letzten Haus – wir sind schon ziemlich niedrig – tritt eine Frau auf die Terrasse. Knapp bekleidet. Als sie die lautlos schwebende Kugel gewahrt, flieht sie ins Haus zurück. Wenig später kommt sie angetan (und mit einer Tasse Kaffee) wieder heraus und beobachtet die Landung der Störenfriede.
Die gelingt mustergültig, nach 80 Minuten Fahrzeit hat uns die Erde wieder. Die beiden Assistenten sind bereits mit den Wagen eingetroffen und rasch verstauen wir Ballon und Korb und kehrer zurück zum Startplatz. Obligat die Taufe mit Sekt und Aushändigung der Ehrenurkunde für „außergewöhnliche Verdienste um die Ballonfahrt“.
Noch ein Cappuccino, dann geruht seine Exzellenz Earl Klaus sich auf die Heimreise durch seine soeben neu erworbenen Ländereien zu begeben, um die Huldigungen der Untertanen freudvoll entgegenzunehmen.
© Klaus P. Achleitner 2020-08-15