Eduardo,der Gastarbeiter

Mirko Treumann

von Mirko Treumann

Story

Als Kind, erlebte ich den kalten Krieg, wie viele andere mit mir. Ich kam in den Genuss “ der Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit ” und ich unterhielt, gezwungenermaßen Brieffreundschaften zu russischen und mosambikanischen Freunden. Aber bei Eduardo aus Mosambik es anders. Er war mein Freund und auch nach der Wende, mein Brieffreund. Ich lernte ihn im Urlaub mit meinen Eltern kennen und es entwickelte sich eine Freundschaft. Er kam damals in die DDR, als Gastarbeiter bzw. „Vertragsarbeiter“ wie es genannt wurde. Er wohnte mit Vietnamesen und Algeriern im Wohnheim zusammen, meist unter sich und stark abgeschottet, verdiente er nun sein Geld als Schlosser. Daheim war er daheim Glasbläser gewesen und er produzierte wunderschöne, Alabaster Lampenschirme aus Glas.

Als eines von acht Geschwistern, lebte er damals in seiner Heimat Afrika in sehr bescheidenen Verhältnissen und so war die DDR in vielerlei Hinsicht für ihn, Segen und Fluch zugleich. Er hatte mit vielen Problemen zu kämpfen, dazu auch noch ohne Sprachkenntnisse und er musste ohne seine Familie leben.

Er sprach anfangs nur Portugiesisch, später dann etwas deutsch. Nach der Wende ging alles sehr schnell und er war von einem auf den anderen Tag gezwungen, in sein Land zurückzukehren, da er kein Bleiberecht hatte. Das ganze mit erheblichen Schwierigkeiten, so wurden zum Beispiel einfach, vierzig bis sechzig Prozent seines Lohnes einbehalten. Der Lohn sollte angeblich auf sein Konto in seiner Heimat Mosambik transferiert worden sein. Doch das Geld kam nie wirklich bei ihm an. In einem seiner Briefe hieß es, dass die Bank ihm sagte, sein Geld sei in Deutschland geblieben. Viele Jahre später erfuhr ich, dass das Einkommen der Gastarbeiter mit den Staatsschulden von Mosambik an die DDR einfach verrechnet wurde. Er hatte also umsonst gearbeitet, denn das Geld sah er nie wieder. Bevor er damals abrupt abreiste ,schrieb er seine Adresse auf einem Stück Papier und warf ihn in unseren Briefkasten, so hatte ich die Möglichkeit ,mit ihm Kontakt zuhalten. Wir tauschten Briefe und Pakete und obwohl er erheblich älter war als ich ,gab er mir nie das Gefühl zu jung zu sein, um zu verstehen.

Eines Tages, für mich völlig unerwartet, schrieb er in einem Brief, dass wieder verstärkt ,schwerer Krieg in seinem Land war und jetzt in seiner Stadt. Das große ganze, als heranwachsender zu verstehen und die tief sitzende Ungewissheit, was aus Eduardo und seiner Familie wurde, quälen mich bis heute, denn es war der letzte Brief von ihm.

Ich schrieb weiter, ohne zu wissen, ob meine Zeilen bei ihm ankommen und versuchte mich zu informieren, über die Lage in Mosambik, aber zu der Zeit gab es ja nicht die Möglichkeit wie heute und mit Telefonaten kam man nicht weit. Ich war völlig machtlos, leider.

Heute gerade aktuell, ist der Krieg in Europa. Direkt vor der Haustür, nur dieses mal kann ich helfen. Denn “ Wohltätigkeit kennt keinen Unterschied der Nation. ” sagte schon Helmuth von Moltke.

© Mirko Treumann 2022-04-07

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