Eine alte Volksweisheit sagt: „Alle Pilze sind essbar, manche aber nur einmal!“ Ich weiĂź das. Und weil ich auĂźer Eierschwammerl und Fliegenpilzen keine andere Spezies erkenne, konzentriere ich mich auf diese: Fliegenpilze sind tabu, wiewohl sie als Hinweise auf die meist gleichzeitig vorkommenden Eierschwammerln als positive Signale zu werten sind. SchlieĂźlich möchte man ja nicht sehenden Auges den eigenen vorzeitigen Abgang auslösen.
Eierschwammerln heiĂźen bei unseren deutschen Freunden „Pfifferlinge“. Aber schon Karl Kraus wusste: „Was die Ă–sterreicher von den Deutschen trennt, ist die gemeinsame Sprache!“
Mit meinem langjährigen Bergkumpel Gernot waren wir an einem späten Vormittag vom Hochobir auf den Parkplatz unterhalb des Schaida-Sattels zurückgekommen. Als wir gerade aus unseren Bergschuhen steigen wollten, kam aus dem Wald auf der anderen Straßenseite ein Mann mit je einem Plastiksack in jeder Hand, voll mit Eierschwammerln. Auf unsere Frage meinte er, keine fünf Minuten steigaufwärts und man könnte sie mähen. Nach einer Viertelstunde und zahlreichen links-rechts-Abweichungen vom Steig wir hatten keinen einzigen Pilz gesehen.
Fünf Minuten später exakt die gleiche Situation noch einmal. Mit dem gleichen Ergebnis. Wahrscheinlich hat bei unserem Erscheinen der Oberpilz gepfiffen und alle anderen haben die Köpfe eingezogen.
Dieses mein Verhältnis zur Eierschwammerlsuche hat sich seither nicht geändert. Zwar habe ich auf den nördlichen Flanken des Kolmnocks vor mehr als zehn Jahren einen für mich erfreulichen Erfolg erzielt, aber im Jahr darauf war der Wald dort abgeholzt.
Vor ungefähr zwei Jahren, wo es hieß, dass auf Grund der Trockenheit nicht ganz so viele Eierschwammerl wachsen würden, habe ich nach dreistündigem Einsatz immerhin 218 Gramm als Suchergebnis verbuchen können.
Ganz so entbehrungsreich ist es für mich aber nicht, weil mein lieber Nachbar L., der meist beim Morgengrauen aufsteht, die frühsommerliche Kühle nutzt, um mit seinem E-Bike in Richtung Wälder unterwegs zu sein und der kein so gestörtes Verhältnis zu Eierschwammerln hat.
Während sich bei unsereinem das Morgengrauen erst beim ersten Blick in den Spiegel einstellt. Und da passiert es schon öfter, dass eine Box von „Magst was Gelbes?“ fĂĽr mich abfällt und vor der TĂĽr steht.
Und da gibt es ein Rezept von Sissy Sonnleitner, der ehemaligen Wirtin der „Kellerwand“ in Kötschach-Mauthen, das in leicht abgewandelter Form mein Favorit bei der Zubereitung von Pilzen ist. Und immer wieder köstlich schmeckt.
Nachsatz:
Heuer ist wieder ein Jahr zum „Mähen“, weil sich nasse und heiĂźe Tage so abwechseln, dass die Pilze nur so sprieĂźen. Vor einer Woche habe ich wieder einen Versuch gewagt. Und das Ergebnis war, wenn auch nur knapp, in Gramm vierstellig! Nicht alle Schwammerl konnten rechtzeitig die Köpfe einziehen!
© Walter Lepuschitz 2020-08-10