von Selini
Innerlich zerreißen mich die Bilder. Wie kann ich dir immer noch nachtrauern. Die Beziehung war schon längst vorbei. Wir hatten keine Zukunft und dennoch zerreißt es mir das Herz, dich nicht mehr zu sehen. Nicht zu wissen, wie es dir geht und was du tust. Ich möchte dir gern schreiben. Mich entschuldigen. Wieder mit dir zusammen zu sein. Aber warum möchte ich das? Denn, wenn ich ehrlich bin, möchte ich es doch nicht. Wir haben uns nicht gut getan. Wir waren toxisch. Unsere Beziehung war mehr Hass als Liebe, dennoch trauere ich ihr nach. Ich trauere dir nach.
Ich lasse die Bilder der vergangenen Momente wie ein Film vor meinem inneren Auge ablaufen. Ein Schwall der Gefühle überkommt mich. Die Sehnsucht zerreißt mich. Ich spüre einen Druck auf dem Oberkörper. Ein Ziehen mitten in der Brust. Je stärker ich an dich denke, desto mehr schmerzt es. Der Druck wird größer und das Ziehen ist unfassbar tief. Ich kann kaum atmen.
Ich fange mich. Schüttle den Kopf. Atme tief ein und aus. Ich versuche, mir die negativen Erinnerungen an die Oberfläche meiner Gedanken zu holen. Die Gründe, warum wir kein Paar mehr sind. Warum wir getrennte Wege gegangen sind. Ich suche nach den Momenten und Taten, bei denen ich dich gehasst habe. Ich denke an dein Verhalten, wie sehr du mich genervt hast und wie oft ich wollte, dass du einfach nur still bist. Wie oft ich vor dir Tränen vergossen habe und es dich nicht interessiert hat. Wie du mich bloßgestellt hast und welche Lügen du verbreitet hast. Wie oft du mich unterdrückt hast und mich zu deinem „perfekten“ Mädchen formen wolltest. Ich sollte so sein, wie du mich gerne gehabt hättest. Du wolltest jemanden an deiner Seite haben, den ich dir nicht geben konnte. Aber ich habe es versucht. Ehrlich. Doch ich konnte es nicht. Ich habe es nicht geschafft. Vielleicht wollte ich es gar nicht schaffen.
Ich habe mir deine Nachrichten durchgelesen. Unsere Chatverläufe. Ich habe dir sehr wehgetan – am Ende. Ich habe dich verletzt, weil ich mich nicht trennen konnte. Ich habe mit allen Mitteln versucht, dass du dich von mir trennst. Mich verlässt. Aber du bist geblieben. Du warst hartnäckig. Ich weiß nicht, warum du mich so geliebt hast, denn eigentlich haben wir uns die meiste Zeit gehasst. Die schönen Momente waren nicht von Dauer und wurden von Kleinigkeiten überschattet.
Dennoch dachte ich, du brauchst länger für eine neue Frau in deinem Leben. Ich bin wütend, dass du in kürzester Zeit sofort eine andere gefunden hast. Dabei hast du kurz davor noch ewiglange Texte verfasst, in denen du deine ewige Liebe geschworen hast. Dein ewig war kürzer, als ich vermutet hatte. Ich dachte, du brichst dein Muster – aber ich bin nichts anderes für dich gewesen.
Deswegen bin ich froh, dass wir nicht mehr zueinander gehören. Ich habe das erste Mal das Gefühl, selbständig und frei zu sein. Dennoch ist da der bittere Beigeschmack meiner Entscheidung. Die Frage, die tief in meinem Inneren ruft: War es ein Fehler, sich zu trennen?
© Selini 2022-05-16