Ein Abend wie damals

Diesen Augenaufschlag hat mein Hund Bob bestimmt in einem Spezialworkshop für fortgeschrittene Fellmanipulierer einstudiert, bevor er sich ohne großes Gebell in mein Leben geschlichen hat, um es komplett auf den Kopf zu stellen: „WIE MACHST DU DEIN FRAULI COUCHFÄHIG FÜR JEDEN TAG“. „Bob, kannst du den wackeligen türkis-farbigen Lidstrich erkennen, in den ich satte 20 Sekunden meiner Lebenszeit investiert habe? Den führe ich heute Abend aus – komme was wolle“.

In meiner Jugend hat man mir empfohlen Laufschuhe ausschließlich zum Laufen zu tragen. Mein Modell „PINK“ hat bereits einige Dates und Bürotage hinter sich und morgen auch eine Diskonacht. Der erste Laufeinsatz wäre bestenfalls, wenn ich aufdringliche Menschen mit den Hundeleckerlis in meiner Tasche nicht loswerden könnte und aus Sicherheitsgründen einen PINK-SPRINT hinlegen müsste.

Bei meiner Freundin angekommen, glühen wir mit Kaffee und Leitungswasser vor. Nachdem Edith sich aus Solidarität ebenfalls für ein schwarzes Shirt zur Jeans entschieden hat, ist unsere Metamorphose abgeschlossen und wir flattern Richtung Dorfdisko.

An der Kassa rufe ich mir die jährliche Inflation ins Gedächtnis und die Tatsache, dass sie auch über all die Jahre stattfand, in denen ich nicht ausgegangen bin, um nicht laut auszurufen: „Das kann nicht euer Ernst sein.“ Bob würde sagen: „Frauli, von Eintrittspreis und Garderobe könntest du einen großen Sack Rinderkopfhaut oder vier Ochsenziemer für mich kaufen oder – und das wäre mir fast noch lieber – 15 Packerl von den leckeren Stangerl, zu denen du immer „Dreckszeug“ sagst.“ Mit Bob’s Sparmaßnahmen im Gepäck ist mir ein günstiger Wasserabend garantiert.

Die Vibration der Musik schwingt bereits im Eingangsbereich quer durch den Körper. Wow, was für ein Unterschied zu meiner Wohnung, wo sich die Wohnraumlüftung mit dem Kühlschrank duelliert, wer den Hauptgeräuschpegel dominiert. Der Weg zur Bar offenbart meinen Augen eine bauchfrei gekleidete Kellnerin, deren Vorzüge definitiv nicht in der Körpermitte zu finden sind. Ob das Mädchen kein tolles Universalhemd hat und kein längeres Top? Bestimmt war sie vor 15 Jahren noch zu jung, um vorzusorgen und jetzt gibt es keine solch tollen Teile mehr. Das Leitungswasser-Doping ist vollzogen und die Musik lädt uns ein, ein neues Kapitel Tanzgeschichte zu schreiben, aber was spüre ich da? Müssen denn alle Teile des Bewegungsapparates einzeln zum Einsatz aufgerufen werden? Jeder Roboter in einer Lagerhalle bewegt sich geschmeidiger als ich es im Moment schaffe. Hallo Muskeln, Sehnen, Bänder, hallo Knochen – AUFWACHEN!!!! Wir tanzen schon!!!!

Es dauert ein paar Songs bis meine Freundin mich schmunzelnd ansieht und erkennt: „Gell, jetzt haste dich eingegroovt“. Es sind teilweise die gleichen Songs, die schon gespielt wurden, als meine Klamotten noch neu waren. Wir tanzen und amüsieren uns, bis die Muskeln die Musik übertönen und AUS rufen. Herzlichen Dank an meine Freundin für diesen ABEND WIE DAMALS.