von Stefanie Pies
Köln, eine Stadt der Kontraste. Für mich ein Sinnbild für eine vielschichtige Gesellschaft im Wandel, in der das Streben nach Spaß und Modernität die Bedürfnisse derer übersah, die keine Lobby hatten.
Ich überlegte kurz, mich dafür politisch zu arrangieren, verwarf den Gedanken aber für`s Erste wieder.
Inmitten dieses Dilemmas, das sich mir dort täglich bot, existierte eine ambivalente Beziehung zur Stadt. Ich liebte den Trubel beim Einkaufen am Samstag in der Innenstadt, in der es vor neuen Angeboten wimmelte und hasste langen Schlangen an der Kasse. Ich mochte es, alles fußläufig erreichen zu können und vermisste ein Auto für Fahrten zum außengelegenen Baumarkt, um meine Bude weiter einzurichten. Hätte ich ein Auto besessen, hätte ich nicht gewusst, wo ich es hätte absstellen sollen. Parkplätze waren rar und teuer, aber dafür gab es Mietwagen-Communities, die einfach über eine App funktionierten.
Einerseits war ich beeindruckt von der historischen Pracht, zumindest dem, was davon übrig geblieben war und eine triste Nachkriegsgeschichte erzählte. Der weltoffene Ansatz der Regierung und Behörden führte zu unzähligen Demonstrationen am Hauptbahnhof und machte den Clash zwischen den Lebenswelten deutlich. In den Duft von frischem Starbucks-Kaffee, Junggesell:innenabschieden und fröhlichem Karnevalstreiben zu quasi jeder Jahreszeit zog sich der Gestank vernachlässigter Ecken, Straßen und Menschen.
Während die elementare Bedeutung der historischen Domstadt dem Verfall sozialer Belange entgegenprangte, setzten sich einige Kölnerinnen und Kölner gegen Ignoranz und für Veränderung ein, z.B. mit Bannern an Balkönen, auf denen stand „Kein Veedel für Rasismus“. Es war ein Kampf gegen die Unsichtbarkeit der Vernachlässigten für eine gerechtere, menschenfreundlichere Stadt.
Ich habe immer noch die verklärte Vorstellung, dass alle friedvoll nebeneinander und vor allem miteinander leben können, doch geben mir einige Gewaltverbrechen, Grenzüberschreitungen und Übergriffe bis hin zu kaltblütigen Morden und Totschlägen im Affekt leider Unrecht.
Wie heißt es so schön: Wo viel passiert, passiert auch viel.
Ich möchte diese Stadt zu keiner Zeit missen. Wünsche mir dabei mehr Frieden, Offenheit und Toleranz, vor allem aber die Gewissheit, dass Köln für absolut jede:n einen Platz bietet, die sich dort auf ihren historischen Wurzeln oder als „Imi“ niederlassen möchten.
© Stefanie Pies 2024-03-10