von KrautundRuam
Phu – geschafft! Heute stehe ich endlich wieder am Gipfel meines Lieblingsbergs. Es ist schon zu einer kleinen Tradition geworden, dass ich einmal im Jahr den “Hohen Göll” besteige, um die traumhafte Rundumsicht über die nördlichen Ausläufer der Kalkalpen zu genießen. Beim Blick hinunter folgen meine Augen dem Roßfeld mit seinen steilen Almweiden und schweifen über das hochsommerliche Salzachtal. Dort nützen die Milchbauern das gute Wetter, um die Heuernte einzufahren. Wie kleine Insekten krabbeln ihre Traktoren über die Felder und sammeln emsig das getrocknete Heu auf, bevor noch ein unerwartetes, abendliches Sommergewitter die Chance ergreift sich darauf zu entladen. Es ist für mich das zweite Mal, dass ich von hier oben aus nicht nur die Heuernte beobachten kann, sondern auch meinen Blick auf ein ganz besonderes Fleckchen Erde richten darf…
Drei Jahre zuvor. Ich empfand wieder einmal absolut keine Lust vor meinem geerbten Einfamilienhaus inmitten einer Wohnsiedlung im Ortszentrum den Rasen zu mähen. Wenn doch nur dieser viel zu öde, viel zu schnell wachsende, viel zu aufwändig zu pflegende Rasen durch etwas Schönes, Nützliches, Pflegeleichtes zu ersetzen wäre. Bei pflegeleicht denkt manch einer wohl gleich an Asphalt oder Pflastersteine. Pfui! Das Erste was mir bei schön, nützlich und pflegeleicht einfällt ist natürlich, ganz klar, selbstredend, über alle Zweifel erhaben: ein Kartoffelacker! Also Spaten raus, umgraben, Furchen ziehen, Kartoffeln legen, anhäufen – fertig. Ein Traumanblick von jeder Terrasse aus: Mein neuer Kartoffelacker! Das bisschen Unkrautjäten und die Ernte ist im Vergleich zum wöchentlichen Rasenmähen echt überschaubar. Und eines muss ich auch ganz klar sagen: Den ganzen Winter über schmackhafteste Kartoffeln aus dem eigenen Garten zu genießen, ist viel befriedigender, als dem Rasenschnitt am Komposthaufen beim Schimmeln zuzusehen.
Erfolg ist ansteckend und macht vor allem Lust auf mehr. So waren schnell drei Freunde gefunden und eine Gemüsekooperative gegründet. Unseren wöchentlichen Stammtisch beim Gastwirt unseres Vertrauens nützten wir, um unsere Gemüsedeals abzuschließen und dann draußen am Parkplatz unsere frische “Ware” auszutauschen. Bereits unsere kleinen Anbauflächen in unseren Hausgärten brachten uns einen derartigen Überschuss an qualitativ hochwertigstem Frischgemüse, dass sich bald auch die ganze Nachbarschaft ihrer Ernteanteile sicher sein konnte – geschenkt versteht sich.
Die Sonne steht steil. Der Bergkristall im Schnittpunkt des Gipfelkreuzes funkelt prachtvoll. Ganz klein erkennt man ein gestreiftes Quadrat im Tal. Gemüsebeete. Kleiner Folientunnel – große Vielfalt. In der zweiten Saison baut unsere Gemüsekooperative “göllgmias” nun schon Frischgemüse für 32 Haushalte und die lokale Gastronomie an. Ein bisschen weniger Gras und etwas mehr Gemüse tun unserer kleinen Marktgemeinde im Salzachtal gut – sehr gut sogar.
© KrautundRuam 2021-05-02