von KSG
Ich liege auf dem Bett. Es ist Mittag.
Ich habe etwas gelesen, aber nur um etwas Vernünftiges zu tun. Ich glaube, ich habe einen Abschnitt dreimal gelesen, ohne zu verstehen, worum es geht. Das Buch liegt nun neben mir.
Meine Haare sind frisch gewaschen. Das Kopfkissen ist nass. Noch nass ist auch das Bild, dass ich hastig gemalt habe. Auf ein Blatt Papier in einem Block. Das Papier ist dünn, neunzig Gramm pro Quadratmeter, es wellte sich. Ich hätte anderes Papier nehmen sollen. Schwarze Aquarellfarbe aus der Tube, Deckweiß und viel Wasser. Blüten, nur angedeutet. Wenn ich vorher gewusst hätte, was ich male, dann hätte ich anderes Papier genommen. Ich mag das Bild. Ich male impulsiv, spontan und meistens mit sehr viel Wasser. Eigentlich sollte ich immer gleich einen Block mit dreihundert Gramm pro Quadratmeter nehmen. Den Block, der jetzt auf dem Küchentisch liegt, ist groß, aber hat dünnes Papier. Ich werde besser wenig Wasser nehmen oder weniger als sonst.
Wenn ich wüsste, wer ich bin, denke ich. Ich denke auch an diejenigen, die mir nahestehen. Wissen sie, wer ich bin? Wer weiß schon etwas über sich selbst und andere.
Ich werde aufstehen müssen. Die Blumen gießen und die Fische füttern. Einige Blumen stehen schon auf den Treppenstufen vor der Haustür. Es hat nachts geregnet und es ist nicht mehr so kalt. Wie schnell man sich daran gewöhnt hat, wie ein Jahr vergeht. Oder ein Tag. Oder eine Stunde. Wie schnell meine Haare auf dem Kopfkissen trocknen und die Farbe auf dem Papier.
Es ist Abend. Ich liege wieder auf dem Bett und fühle mich wie welliges dünnes Papier. Ich habe nicht nachgedacht, oder aber zu viel. Oder beides.
Nicht, dass es falsch war, was ich getan habe. Bloß war es zu spät. Ein Wunsch, der vor Monaten in Erfüllung gehen sollte. Ein Bild, das gut ist, aber nicht zum Papier passt. Ein Wunsch der zu einem Bild geworden ist, auf dem falschen Papier.
Vielleicht ändert sich alles. Es fließt weiter, ändert sich wieder, verändert seinen Zustand. Hinterlässt gewelltes Papier, wenn es unpassend meistens unbedacht und zu spontan gewählt war. Wasser bleibt Wasser, doch dann verdunstet es. Meistens nehme ich mir beim Malen zu viel davon.
Ich nehme das Buch und lese den Abschnitt noch einmal.
© KSG 2023-04-29