von Sabine Schlager
Ein Date mit Papa Schlumpf
Da war diese Sehnsucht nach dir. Das Verlangen, dich zu sehen und mit dir zu sprechen, das Erfüllung suchte. Aber so groß dieser Wunsch in mir war, so groß war auch die Angst, meine innersten Gefühle zu verraten. Gesten, Blicke, Mimik, Körpersprache konnten verraten, was wir beide füreinander empfanden. Die Hemmschwelle, dich zu verraten, lag bei dir erstaunlich niedrig, was mich manchmal in die Bredouille brachte. Obwohl wir uns nie verabredeten, schienen wir durch Telepathie verbunden zu sein und immer genau gewusst zu haben, wo sich der andere gerade aufhielt.
Ich kam soeben mit meinem vollen Einkaufskorb von Websters zurück, als du mit deinen Freunden im Gastgarten der Teestube gesessen bist. Ihr habt euch prima unterhalten, was dich jedoch nicht davon abgehalten hat, mich zu euch zu bitten. Als ich mich zierte, hast du meinen Korb ergriffen und neben deinen Stuhl abgestellt. „Sie haben doch Zeit, Meghann?“ Sehnsucht lag in deinem Blick. Dieselbe, die ich in mir verspürte. „Ehe ich mich schlagen lasse“, stimmte ich zu, um mich auf den dargebotenen Stuhl zu setzen, während du nach dem Wirt gerufen hast. „Tom, sei so nett und bring der Lady, was sie möchte und – äh, stell den Korb in die Kühlung, ja?“ Tom O’Leary warf einen befremdlichen Blick auf uns, was mir nicht entging.
„Oh je!“, dachte ich. Sollte ich erneut die Floskel „Grüße an die Gattin“ hören? Hätte ich sie vermeiden wollen, hätte ich mich nicht setzen dürfen. Statt dieser Anspielung tätigte Tom eine perfide und sagte, es wäre doch schön für junge Mädels sich alles bezahlen zu lassen. „Ich kann mir mein Glas Wein alleine zahlen!“, entgegnete ich pikiert. „Lass gut sein, Meg“, hast du mich mit sanfter Stimme beruhigt. „War nur ein blöder Spruch von Tom“. „Blöd trifft es!“ Ich war ein wenig beleidigt. Wollte mich der Typ in die Schublade der Liebschaft stecken, die von einem Sugar-Daddy ausgehalten wird?
Der bestellte Weißwein schmeckte sauer und ich grübelte, ob eine Absicht dahintersteckte. Tapfer trank ich ein paar Schlucke. „Nicht ärgern!“ Du hast dich mir zugeneigt. Lächelnd habe ich genickt und gefragt: „Worüber habt ihr gesprochen, ehe ich dazugekommen bin?“ „Vom Urlaub“, hat einer deiner Freunde geantwortet. „Reardon hat seinen nämlich noch vor sich. Er fährt lieber im Herbst weg“. Ich wollte wissen, wo die Reise hingeht und du hast uns erzählt, Mallorca und Ibiza gewählt zu haben. „Hauptsache Sonne und Wärme! Die letzte Woche war doch schon Herbst, oder?“ Ich seufzte bei der Erinnerung. Es war das verregnete, viel zu kalte Messe-Wocheneinde gewesen.
„Wohin würde es Sie ziehen, Miss?“, wurde ich gefragt, wobei mir spontan Venedig einfiel. „Oh ja Venedig ist sogar bei Nebel und Regen bezaubernd“, hast du gesagt, um spontan meine Hand zu ergreifen. „Hand in Hand im fahlen Schein der Gaslaternen über die Rialto-Brücke spazieren gehen, stelle ich mir wunderbar vor“. Peinlich berührt, wollte ich die Hand, die du an deine Lippen geführt hast, zurückziehen. „Wow! So romantisch kennen wir dich gar nicht!“, lautete der Kommentar deiner Freunde. „Tja, das liegt an dieser Lady. Sie ist ein Schatz!“, sagtest du und ich dachte verzweifelt: „Ja, einer, den man vergraben muss!“
© Sabine Schlager 2025-02-13