Es beeindrucke und beĂ€ngstige uns zugleich. WĂ€hrend meiner Osterferien geschah ein unerwartetes Erlebnis, das noch lange in Erinnerung bleiben sollte. Einige Tage nach unserer Ankunft avisierte eine lokale Zeitung den Besuch des amerikanischen FlugzeugtrĂ€gers Enterprise an der kroatischen KĂŒste mit einem Aufenthalt vor Split. Nachdem ich als Student einige Zeit in den Staaten verbracht hatte, war es mehr oder weniger obligat, dabei zu sein. An dem denkwĂŒrdigen Tag im April fuhren wir nach Split, um die Ankunft des Riesen zu erleben. Ein Freund segelte zuvor dahin und nahm uns am Hafen in Empfang. Mit seiner Jacht kreuzten wir in den Kanal von Brac. Von dort aus konnte man die schwimmende Festung bereits erblicken, in deren NĂ€he schon kleinere Boote in den hohen Wellen schaukelten. AllmĂ€hlich erkannte ich die in der Sonne funkelnden Flugzeuge und Marines am Oberdeck. Bunte Fahnenreihen dekorierten den mĂ€chtigen Kommandoturm. Noch nie sahen wir eine derartige nach Osten gerichtete Machtdemonstration im bald kommenden Nato Land Kroatien.
Plötzlich vernahm ich ein lautes Dröhnen hinter uns. Ein dunkelblauer Helikopter setzte zur Landung an dem Ă€uĂeren Kai an. Aus ihm stiegen einige Soldaten und begrĂŒĂten die im Unterstand wartenden StadtrĂ€te sowie den BĂŒrgermeister. Kurz darauf kehrte das bewaffnete UngetĂŒm zu dem Mutterschiff zurĂŒck, wo es einen Empfang fĂŒr die lokale Prominenz geben sollte. Gegen Abend erreichten weitere Barkassen den Hafen. Ăberaus elegant gekleidete, hochgewachsene Offiziere betraten die Mole vor dem Palast des Diokletian. Ein römischer Soldatenkaiser neben dem General am selben Platz – Symbol oder nicht, aber dennoch ein deutliches Zeichen! Unter uns stellte sich beim folgenden Corso in das prĂ€chtige Innere der Residenz die peinliche Frage, was Deutschland wohl hierher entsenden könne nach der traurigen Blamage in Srebrenica vor einigen Jahren? Die alte Gorch Fock vielleicht?
Im festlich bestrahlten Peristyl angekommen, suchte unser Freund nach freien PlĂ€tzen in der benachbarten Trattoria zur Sphinx. Sein freudiges Winken veranlasste uns ihm zu folgen, um an einer frei gewordenen Tafel im Angesicht des Jupiter Tempels Platz zu nehmen. Joseph beeilte sich, den ĂŒblichen Silvowitz zu servieren. Er fragte nach unseren WĂŒnschen, ich folgte seiner Empfehlung und bald begann das exquisite Dinner. Als eine Gruppe einheimischer SĂ€nger endlich den Nachbartisch verlassen hatte, kehrte Ruhe ein. Das flambierte Dessert bildete einen Höhepunkt des lauen Abends, und der zweite folgte ebenso unerwartet. Vier Kadetten fragten, ob sie neben uns sitzen können. Ich antwortete: „Yes of course, please have a seatâ. LĂ€chelnd lieĂen sie sich nieder und verwickelten mich in ein aufschlussreiches GesprĂ€ch. Dabei stellte sich heraus, dass der JĂŒngste aus Nebraska stammt, dem Bundesstaat, in dem ich gelebt hatte. So klein ist diese Welt, dachte ich, und setzte die anregende Unterhaltung fort.
© Michael M. Stanic 2021-01-02