von Christine Föger
Es war mein erster Arbeitstag. Meine Bewerbung beim Amt der Landesregierung war aufgegangen. Nach dem Einlernen in die allgemeinen Gepflogenheiten des Amtsgefüges im zentralen Schreibbüro wurde ich der Abteilung Landesplanung zugewiesen.
Ich klopfte. Im Vorzimmer saß eine ältere Dame. Vor ihr auf dem Schreibtisch lag ein eindrucksvolles, aufgeschlagenes Posteingangsbuch im geschätzten Maß von 60 x 50 cm. Ich betrat den nächsten Raum und mein künftiger Chef empfing mich mit wohlwollender Freundlichkeit. Das war ein guter Start. Ich lernte meine Kollegen kennen, die mir im Alter zwischen 30 bis gut 55 Jahren aus damaliger Sicht schon recht alt erschienen. Ich freute mich auf das Büroleben.
In der Handelsschule haben wir zuerst gelernt, auf mechanischen Schreibmaschinen zu schreiben. Mit einem waagrecht vom Körper abstehenden und mit Spagat um den Hals gebundenen Karton (!) lernten wir, ohne Blick auf die Tastatur zu schreiben. War der Typenanschlag unregelmäßig, folgte das Entwirren des “Typenhebel-Salates”. Neue Zeilen gab es nach mechanischer Betätigung des Walzenhebels. Wenn der Fehlerteufel zuschlug, half Tipp-Ex mit seinen Korrekturfolien. Dabei wurde der falsche Buchstabe bei nochmaligem Anschlag von Tipp-Ex wie weggezaubert,
Im Büro schrieb ich anfangs viele Schriftstücke mit Durchschlagpapier als “Kopien”. Nach der gewünschten Anzahl von Ausfertigungen legte ich die Schichten Brief-, Kohle- und Durchschlagpapier aneinander und spannte sie in die Maschine ein. Dementsprechend wurde aus der Beseitigung jedes Tippfehlers “Schichtarbeit”. Für das gesamte Amtsgebäude gab es ein Kopiergerät in einem versperrten Raum! Das reichte aus. In unserer Abteilung wurden dicke Broschüren zu verschiedenen Raumordnungsfragen erstellt, diese wurden in Gremien besprochen und dann überarbeitet. Es hieß, Worte, Zeilen, Absätze oder ganze Seiten zu überkleben. Ich war gut im Entziffern der handschriftlichen „Hyroglyphen“. Manche Einzelseiten bestanden schlussendlich aus mindestens zehn Schichten Papier – das war dann die neue Kopiervorlage!
Die Kugelkopf-Schreibmaschinen waren eine Errungenschaft. Nun konnte man sogar den passenden Kugelkopf für die gewünschte Schriftgröße wählen und – yeah – die Maschine hatte ein Korrekturband! So etwas Praktisches! Einen Hauch von Luxus brachte die Typenrad-Maschine mit Schreibdisplay, da lachte das Sekretärinnenherz. Nun konnte man Tippfehler vorab lesen und entfernen, erst dann folgte der Druck aufs Papier. Die erlernte stenografische „Redeschrift“ habe ich im Berufsleben leider nicht gebraucht, im Einsatz war stets das Diktiergerät. Die minimalistischen Wortkürzel hätten meinen Stenobleistift fliegen lassen.
Anfang der 80er schickte man uns Sekretärinnen in Computerkurse. Einen PC in den Büros gab es allerdings noch nicht! Das Gelernte ist deshalb schnell verpufft, dafür hatten wir unendlich viel Spaß abseits von Bytes und Bits.
© Christine Föger 2022-04-01