Ein Geburtstag, der seinen Schrecken verlor

Christin Edlinger

von Christin Edlinger

Story

Je näher mein runder Geburtstag rückte, desto unrunder wurde ich. Ich kann gar nicht erklären, warum gerade dieser Jahrestag mich aus der Bahn zu werfen drohte. Am Lockdown konnte es nicht liegen, denn der kam mir gerade recht. Ich feiere meinen Geburtstag immer schon sehr gern und groß, allerdings nicht was die Zahl der Gäste, sondern was die Feier selbst betrifft. Ich mag den Gedanken, einen Tag volle Beachtung geschenkt zu bekommen und das Krönchen auf dem Haupt tragen zu können. Genauso zelebriere ich aber auch den Ehrentag meiner Liebsten in vollen Zügen.

Durch den Lockdown fiel zumindest der Druck ab, viele Gäste einzuladen, nicht nur, weil ich nicht in Stimmung war, sondern weil man in Zeiten von Instagram leicht als Alien erscheint, wenn man keine große Party schmeißt. Ich kenne nicht mal so viele Personen wie andere auf ihren Feier-Fotos posten. Der Druck der Zahl hingegen, die auf mich zu raste, stieg jedoch.

Nach einem wundervollen Mittagessen bei meinen Eltern, traf ich mich also mit meiner besten Freundin Karin, da sie mit mir mitfühlte (auch ihr Geburtstag steht bald vor der Tür) und vorschlug der Stadt zu entfliehen und auf den „Himmel“ am Stadtrand zu marschieren. Mit Sekt und Knabbereien im Gepäck machten wir uns auf den Weg. Wie schon mehrmals in meinem Leben sollte auch dieses Jahr der Wetterengel seine Hände im Spiel haben. Oben angekommen, war es zunächst recht trüb, was die Sicht nicht gerade positiv beeinflusste. Der Nebel wurde bald so stark, dass man die Hand kaum noch vor Augen sah. Schaurig-schön, ähnlich meiner Stimmung dachte ich, denn hier oben fiel langsam alle Schwere von mir ab, bei gleichzeitiger Sorge, wie wir den Weg zurückfinden werden würden. Karin hatte an Teelichter gedacht, was nicht nur die Sicht auf den Sekt besserte, sondern auch die Stimmung. Doch dann passierte es – der Nebel verschwand so plötzlich wie er zuvor gekommen war und gab die Sicht auf die tausend Lichter der Stadt frei. Ein wundervolles Gefühl überkam mich, hier oben fühlte sich alles leicht und unbeschwert an. Highlight war der Blick auf die beleuchtete Gloriette auf der anderen Seite der Stadt.

Inzwischen war Karins Freund gekommen und während wir genüsslich am Sekt nippten, sorgte sie dann für den magischen Höhepunkt des Tages. Karin zog einen verzierten Karton hervor, der leuchtete. Ich war baff als ich vorsichtig den Deckel öffnete. Der Karton war mit einer Lichterkette ausgestattet und war gefüllt mit unzähligen Aufmerksamkeiten, wie Tees, Gewürze, Bonbons und vielem mehr. Nicht genug, war jede Kleinigkeit mit einem passenden Etikett mit Wort oder Spruch verziert. Diese Mühe, die sich dafür gemacht hatte, so wertgeschätzt und geliebt habe ich mich selten zuvor gefühlt. Zu beschreiben, was dieses Geschenk für mich bedeutet gelingt mit keinem Wort, das Gefühl bliebt in meinem Herzen verankert und ich weiß, warum wir ab nächstes Jahr schon länger miteinander als ohne einander durchs Leben gehen.

© Christin Edlinger 2021-02-26