Ein Gipserleben III

Peter Haas

von Peter Haas

Story

Das Mädchen, das ich zurückgelassen hatte, ging inzwischen mit einem Anderen. Von dem vielen Laufen habe ich einen Meniskusschaden. Ich habe dann noch allerlei versucht. Manches war ganz gut gelungen. Komisch: immer wenn es mir gut ging, dann habe ich wieder meine Zelte abgebrochen und bin woanders hin. Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich immer älter wurde und immer mehr von Gott und aller Welt verlassen.

Bei den Frauen hatte ich wie gesagt auch kein Glück. Ich habe einmal einen Sommer in der Schweiz gearbeitet. Jedes Wochenende war ich in den Bergen. Was die Frauen angeht, ich ahnte immer, es würde schief gehen und hatte irgendwie Angst. Esgingauch meistens schief.

Ich habe einmalversucht, mich selbständig zu machen. Das ging eine Weile gut, bis meine Firma größer wurde. Dann wurde ich gewaltig betrogen von allen Seiten. Ich war da nicht gerissen genug für die Geschäftswelt. Meine damalige Frau und mein Steuerberater haben mich hinters Licht geführt. Ein halbes Jahr versuchte ich mich als Weinhändler, da hatte ich auch einen Vertreter. Dem gab ich den Schlüssel zum Lager. Eines schönen Tages war er mitsamt dem Wein auf und davon. Schließlich war ich am Ende und hatte nichts als Schulden. Ich hab auch mal versucht, mein Abitur nachzumachen, aber das klappte dann doch nicht.

Dann starb mein Vater und hinterließ sein kleines Vermögen meiner Mutter. Als die starb, da erbte meine Schwester. Ich habe mir nie viel aus Geld gemacht, aber jetzt im Alter könnte ich es doch gut gebrauchen. Ich lebe jetzt sehr zurückgezogen und obwohl ich schon alt bin kann ich noch ganz gut arbeiten, meistens schwarz, denn in meinem Alter stellt mich keiner mehr ein. Aber ich kann so ziemlich alles, auch tapezieren und Elektrosachen, gerne arbeite ich auch bei Leuten im Garten. Was soll ich sagen, wenn ich an den Anfang denke, dann hätte es auch alles noch viel schlimmer kommen können. Mit dem Staat hatte ich eigentlich nichts zu tun. Gestern hat mir ein Kind gesagt, ich sei hässlich. Darüber hab ich mich eine Weile geärgert. Meine Rente ist gering. Vorige Woche ist ein alter Kumpel gestorben, da hab ich die paar Habseligkeiten ausgeräumt. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal siebzig werde. Es bleibt nicht viel übrig von so einem Leben.

© Peter Haas 2021-12-06

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