Ein GlĂŒcksmoment

Ludovico Lucchesi Palli

von Ludovico Lucchesi Palli

Story

Von Dezember 2015 bis April 2018 habe ich einer Agentur fĂŒr OpernsĂ€nger gearbeitet. Zu meinen vielseitigen Aufgaben gehörten die Korrespondenz mit OpernhĂ€usern, mit KĂŒnstlern, Absagen schreiben oder Vorsingen organisieren.

Mit den SĂ€ngern habe ich mich immer gut verstanden. Einige kannte ich besser, andere weniger. Eines Tages gab mir meine Chefin eine Liste mit OpernhĂ€usern, die ich anrufen musste, um nachzufragen, ob sie Interesse an unseren SĂ€ngern hĂ€tten. Zu den OpernhĂ€usern auf der Liste hatten wir noch keinen Kontakt, also war das meine Chance, den Kontakt fĂŒr die Agentur zu erstellen.

Meistens war es so, dass die OpernhÀuser die verschiedenen Agenturen in einem Verteiler aufnehmen und dann per Mail informieren, wenn es Vorsingen gibt. So war das auch bei eines der OpernhÀuser auf meiner Liste. ZunÀchst meinte die Dame, sie suchen aktuell keine SÀnger, aber sie nimmt mich gerne in ihren Verteiler auf.

Einige Monate spĂ€ter bekam ich dann ein Mail von ihr. Sie suchten eine Sopranistin fĂŒr ihr Ensemble. Eine großartige Chance fĂŒr eine junge SĂ€ngerin. Nach interner RĂŒcksprache empfiehlich zwei Sopranistinnen, darunter eine, mit der ich mich bis heute sehr gut verstehe, und vereinbarte die Vorsingen.

Nach den Vorsingen ist es meistens so, dass man dann auf ein Feedback vom Opernhaus wartet. Diesmal ließ das Feedback etwas lĂ€nger auf sich warten. Die SĂ€ngerin hatte mich bereits einige Male gefragt, ob ich etwas gehört hĂ€tte. Ich hatte natĂŒrlich auch nachtelefoniert, das war ich gewohnt, aber es hieß der Intendant wird sich persönlich bei uns melden.

Es vergingen wieder einige Wochen und wir hatten noch immer kein Feedback. Die SĂ€ngerin hatte mich erneut gefragt, ob ich schon etwas gehört hatte. Dann am nĂ€chsten oder ĂŒbernĂ€chsten Tag, an einem Freitag Nachmittag,lĂ€utet mein BĂŒrohandy. Normalerweise erreicht man niemanden im Theater um die Zeit, also war ich es gewohnt, am Freitag bis zur Mittagszeit Telefonate zu erledigen. Aber an diesem besagten Freitag hatte ich Home Office und hatte meine Gedanken ganz woanders. Ich erkannte die Nummer nicht, sah nur, dass es ein Anruf aus Deutschland ist. Ein Herr stellte sich vor als Intendant des Opernhauses in Görlitz. Er erklĂ€rte mir, dass sie die besagte SĂ€ngerin haben möchten. Ich konnte es nicht glauben und schrieb sofort meiner Chefin. Sie war ĂŒberglĂŒcklich und gratulierte mir fĂŒr meine tolle Arbeit. Am nĂ€chsten Tag kam noch eine weitere Nachricht von ihr. Sie schrieb mir, dass das alles nur dank mir ist.

Ganze drei Jahre war die SĂ€ngerin dort engagiert und immer wieder (noch heute!) betont sie, dass sie das nur mir zu verdanken hat. Das macht mich schon ein wenig stolz.

Ja, das war ein GlĂŒcksmoment.

© Ludovico Lucchesi Palli 2020-08-03

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