von CharlyAngelika
Es ist schon lange so, dass meine Haare besonders sind: Silberfäden seit meinen Mittdreißigern und inzwischen weiß geworden. Eine Veranlagung, die mich nie gestört hat, vor allem auch deswegen, weil die Haardichte an sich vorhanden war. Robust und gesund. Ein Erbe meines Vaters.
Der große Garten hinterm Haus, eingerahmt von Steinmauern, wild, wunderschön und wandelbar, ist im Frühjahr alljährlich ein Rodungsprojekt. Er und die Liebe zum Garteln sind ein Erbe meiner Mutter.
Beides ist eine Alterserscheinung: Zum einen habe ich Zeit zum Garteln gewonnen und zum andern gehen mir die Haare aus. Letzteres stört mich. Jeden Morgen fahre ich noch im Bett durch meine weißen Locken und habe schon ein dünnes Büschelchen Haare in der Hand, von Woche zu Woche wird das Büschelchen dichter und trotz aller Sofortmaßnahmen die Haarpracht weniger. Das geht schon seit Monaten so und es wundert mich, dass überhaupt noch Haare auf meinem Haupt sprießen.
„Ich sammle die Haare, vielleicht kann ich mir daraus ja irgendwann ein Haarteil machen lassen?“, sinniere ich. Im alten Mexico wurden aus Federn Fahnen gemacht! Ein weit hergeholter Vergleich, aber immerhin.
Das war schon ein deprimierender Blick in die hübsche Haarschachtel, wie sie von Tag zu Tag voller wurde! „Nein, dem setze ich mich nicht auf die Dauer aus. Eine andere Lösung muss her, zu etwas werden meine Haare doch wohl noch gut sein“, überlege ich.
Bei der Gartenarbeit, meditativ wie sie ja wohl ist, Erde lockern, jäten, düngen, Halt! Düngen!, da schoss es mir durch den Kopf. Meine Haare! „Haare sind wie Horn, Hornfäden, und Hornspäne nehme ich schon lange zum Düngen her. Spätestens seit damals, als meine Eselin ihre Fußpflege erhielt. Ich habe die ausgeschnittenen Hufspäne zerkleinert und unter den Kompost gemischt oder auf das Gartenbeet gestreut!“
Jetzt dürfen meine Hornfäden zeigen, was in ihnen steckt!
© CharlyAngelika 2020-05-02