Ein Hauch von Abschied

Gabriele Leeb

von Gabriele Leeb

Story

Es fühlte sich an wie ein Abschied, obwohl es keiner war. Ich wußte, in zwei Wochen würdest du wiederkommen. Wir trafen uns nun schon seit zwei Jahren und eigentlich war es eine wunderschöne Zeit. Doch heute lag dieser Hauch von Abschied in der Luft, eine leise Ahnung von Vergänglichkeit schwebte im Raum.

Er hat mich oft zum Lachen gebracht und auch seine Zärtlichkeiten fühlten sich wunderbar und richtig an und wir verstanden uns wirklich gut. Doch irgendetwas, irgendeine Komponente fehlte. Es war wie bei einem leckeren Kuchen. Eine bestimmte Ingredienz machte diesen unvergleichlichen Geschmack aus. Er berührte mich am ganzen Körper und ich reagierte mit Leidenschaft und Stöhnen darauf. Ich liebte seinen Mund, seine Lippen, seine Grübchen, wenn er mich anlächelte. Ich genoss seine Liebkosungen und die körperliche Befriedigung war wunderbar, doch nicht absolut vollkommen.

Er spielte auf mir, wie auf einer Geige. Mit seinem Bogen strich er virtuos meine Seiten. Er beherrschte sein Instrument meisterlich. Und doch, die Melodie war nicht harmonisch. Es war zu mechanisch, zu unecht, so ohne Inspiration . Es fehlte die Art von Gefühl, das auch mein Herz zum Schwingen brachte und ebenso meine Seele.

Ich nahm mein Handy und rief ihn an. Wir sollten uns nicht wiedersehen, sprach ich zu ihm. Er fiel aus allen Wolken, wollte es nicht wahrhaben. Warum, es ist doch alles so perfekt. Zu perfekt, sagte ich. Eingefahren, nicht lebendig! Es fehlt eine entscheidende Zutat: Liebe! Wir hatten keine Liebesbeziehung, nur ein Verhältnis. Ich beendete das Gespräch und war traurig und erleichtert zugleich.

In der Zwischenzeit hatte es zu regnen begonnen und meine Tränen wetteiferten mit den Regentropfen. Es lag Verfall in der Luft und doch auch eine gewisse Andeutung von Erneuerung. Am Horizont zeigten sich schon die ersten Sonnenstrahlen und meine Tränen versiegten. Wehmut paarte sich mit Zuversicht. Ich fühlte mich leicht und beschwingt. Ich hatte richtig gehandelt. Ich nahm meine Regenjacke von der Garderobe , schlüpfte in meine Gummistiefel und machte mich auf, um im Regen zu tanzen.

Nach etlichen Tänzen brach der Himmel auf und die Regentropfen beendeten ihr Spiel. Meine Zweifel waren wie weggeblasen und ich war bereit für die Liebe. Die wahre, echte Liebe! Mein Herz lachte und meine Seele war zufrieden.

© Gabriele Leeb 2021-09-29