Ein hektischer Donnerstag

Haakon Jobmann

von Haakon Jobmann

Story

Mist ich war zu spät dran. In Gedanken verfluchte ich den Verkehr in Hamburg und dass typische Schietwetter. Da darf ich mir gleich von Hedda was anhören, wenn ich ankomme. Hedda und ich kannten uns nun seit plus minus 4 Jahren, je nachdem wen man fragte. Bei unserer ersten Begegnung saßen wir beide an der Seite und als es dann dazu kam einen Tanzpartner auszuwählen, kam sie zu mir rüber und fragte. »Na, Lust zu tanzen?«. Von da an sind wir uns gegenseitig nicht mehr so ganz losgeworden.

Wir tanzten viel auf Bällen, Straßenfesten oder auch mal auf einem Hügel. Es ist ausdrücklich kein Berg, da es keine Berge in Hamburg gibt. Nach einiger Zeit hatten wir uns auch einen Spitznamen verdient, und zwar das Chaospärchen. Wir wussten erst gar nicht, woher der kam. Ok vielleicht sind wir ein zwei mal, auf den Stühlen an der Seite gelandet oder haben die anderen Pärchen beim Quickstep überholt. Aber was können wir dafür, dass die so langsam sind und sich so leicht überholen lassen.

Mit quietschenden Reifen fahre ich auf den Hof und bleibe vor unserem majestätischen Vereinshaus stehen. Es hat zwar schon bessere Zeiten gesehen, aber von außen sieht es aus, als sei es direkt einem Fantasy Buch oder altem Film entsprungen wäre. Abgerundet wird der Eindruck des Herrenhauses von dem abgehenden Reitstall und der Koppel. Wobei ich draußen gerade keine Pferde entdecken kann, die werden bei dem Gewitter wohl drinnen Zuflucht gesucht haben. Ich kann es ihnen nicht verdenken, heute ist es auch wirklich ungemütlich. Ich wickele meinen Mantel um mich und schnappe mir meine Tanzschuhe.

Als ich eintrete, werde ich von Bildern aus dem letzten Jahrhundert empfangen, die alle Tänzer zeigen, die seit der Gründung hier getanzt haben. Ich spüre ihre Blicke auf mir ruhen und entschuldige mich in Gedanken für meine Verspätung. Um diesen ganz besonderen Charme abzurunden, riecht es nach alten Büchern, Bohnerwachs und längst vergangenen Erinnerungen. Schnell stelle ich meinen Schirm in den Schirmständer und hechte in unseren Saal.

»Auch endlich mal da, Herr Ole«, erklingt es da auch schon anklagend von Hedda. Schnell schlüpfe ich in meine Tanzschuhe und entgegne mit einem entschuldigendem Lächeln, »Du weißt doch wie der Verkehr ist, vor allem bei so einem Schietwetter.« Mit einer Verbeugung fordere ich sie zum Tanz auf, als auch schon ein langsamer Walzer erklingt. Wir starten mit einer Rechtsdrehung und wechseln irgendwann in die Linksdrehung. Natürlich immer im Takt, dafür sorgt Hedda schon. Wir haben uns das irgendwann so aufgeteilt, dass ich mir die Figuren merke und sie dafür darauf achtet, dass ich nicht zu schnell tanze.

Was mir natürlich nie im Traum einfallen würde.

© Haakon Jobmann 2023-06-13

Genres
Romane & Erzählungen