Ein italienischer Clown in der Zona Cafetera

Christine Höfler

von Christine Höfler

Story

Nach einigen Wochen an der Küste des karibischen Meers in Kolumbien, viel zu viel Rum und unzähligen Partys, flog ich nach Medellin, um meine Leber zu entlasten und mich wieder mehr zu bewegen. Ich wollte nun das Landesinnere erkunden. Als ich in Medellin landete, bemerkte ich, dass mir ein europäisch aussehender Mann mit blonden Strähnen und Strohhut am Gepäckband zuzwinkerte. Er war so Mitte 30. Ich ignorierte es erst. Als es wieder passierte, wusste ich, dass das kein Zufall war. Ich musste lachen und so kamen wir ins Gespräch. Er hieß Giovanni, arbeitete für einen Öl-Großkonzern, kam aus Sizilien, Italien, und liebte das Leben, vielleicht noch mehr als ich.

Giovanni und ich erkundeten also gemeinsam Medellin, die zweitgrößte Stadt Kolumbiens, bekannt für, naja ihr wisst schon, Pablo Escobar. Don Pablo, kolumbianischer Drogenbaron, wurde durch das Schmuggeln von vor allem Kokain zu einem der reichsten Menschen der Welt in den 70ern.

„So, what are we doing tomorrow?“, („Also, was machen wir morgen?“), fragt er. Ich will in die Zona Cafetera, in der Kaffeeregion Kolumbiens wandern gehen, entgegne ich. Er will mit. Wir buchen Bustickets. 2 Tage später wandern wir stundenlang durch das „valle de corcora“, ein riesiges Tal, bekannt für seine beeindruckenden Wachspalmen. Wunderschöne Nebelschwaden ziehen sich durch die Landschaft. Mein Herz hüpft, als ich das sehe. Abends, obwohl unsere Beine so unendlich wehtun, kehren wir in eine Bar in einem kleinen Dorf in der Nähe des Tales ein. Wir tanzen mit unseren Wandernstiefeln Walzer zu einem traditionell kolumbianischen Lied.

„Like Sissi“, sage ich. Gio zeigt mir ein Nacktfoto von seiner Ex-Frau.

Wir übernachten in einem winzig kleinen Hostel. In unserem Dorm wohnen mit uns zwei Iren, die kaum (mit uns) sprechen. „Entertainment bombs“, nennt Gio sie. Im Hostel ist es unendlich still. Es liegt auf einem versteckten Hügel und es ist Nebensaison. „So, if you hear some weird noises coming out of the bathroom, than there might be a bird somewhere.“, „Also, wenn du gleich komische Geräusche aus dem Bad hörst, dann ist da bestimmt irgendwo ein Vogel.“, sagt Gio und imitiert eine Taube, bevor er ins Bad geht.

In der zweiten Nacht liegen wir uns gegenüber, beide jeweils im unteren Stockbett, meine Decke riecht ganz schrecklich und undefinierbar. Sie sieht aus, als wäre sie schon richtig lange nicht mehr gewaschen worden oder noch nie. Ich decke mich trotzdem zu, weil es so kalt ist. Wieder waren wir den ganzen Tag wandern.

„Let´s go dancing again.“, „Lass uns wieder tanzen gehen“, sagt Gio. Er meint die kleine Bar, in der wir am Vortag als einzige getanzt haben. „I am still full of energy.“, „Ich bin immer noch voller Energie.“, ergänzt er. Ich sage, ich müsse noch kurz überlegen, meine Beine noch kurz ausruhen. Als ich sage, dass wir jetzt los könnten, ist er schon eingeschlafen.

© Christine Höfler 2021-02-13

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