Ein Leben ohne Maske

Anfangs hat er sie nur hin und wieder aufgesetzt. Immer dann, wenn niemand sehen sollte, wie schlecht es ihm geht oder wie einsam er ist. Doch je öfter er die Maske mit dem Lächeln aufsetzte, desto mehr wurde sie zu seinem Anker.

Er brauchte sie wie die Luft zum Atmen. Schon bald konnte er sie nicht einmal mehr absetzen, wenn er alleine war. Denn dann hätte ihn all der unterdrückte Schmerz erfasst und zerquetscht.

Also trug er sie. Jeden Tag, jahrelang und ohne Pause. Bis ihm das Tragen der Maske noch mehr schmerzte. Bis er unter ihrem Gewicht zusammenzubrechen drohte.

Und in dem Moment, als er es endlich schaffte, seine Maske abzunehmen, durchfloss ihn Erleichterung. Endlich konnte er die Welt wieder mit eigenen Augen sehen. Ganz ohne Maske im Weg. Ohne durch die Schlitze blicken zu müssen. War die Welt schon immer so hell?

Kühler Wind streichelt sanft über seine Wange. Ein Gefühl so fremd, dass es ihn erschaudern lässt. Aber auch so angenehm. Wann hatte er sich das letzte Mal so von Mutter Natur liebkosen lassen?

Nein, die Frage ist eher, wann hatte er das letzte Mal eine Berührung genießen können? Sie einfach so zugelassen oder Angst zu haben?

Sein Blick wandert über die Person vor ihm und ein neues fremdartiges Gefühl macht sich in ihm breit. Er hatte das dringende Bedürfnis danach, zu lächeln. Ohne Maske! Wirklich zu lächeln.

Etwas, das er sich seit seiner Kindheit nicht mehr getraut hatte. Sein Schmerz schien für den Moment ganz vergessen und echte Freunde macht sich in ihm breit. Füllt sein innerstes mit Wärme.

Ungelenk versucht er seine Mundwinkel zu heben. Die Person vor ihm zieht verwundert eine Augenbraue hoch. Doch das ist ihm egal. Dieses Gefühl ist unbeschreiblich.

Sein zu einem schiefen Lächeln verzerrtes Gesicht strahlte vor Freude. Nicht nur sein Mund, es sind vor allem seine Augen.

Und das erste Mal seit Jahren, lacht er aus vollem Herzen, ganz ohne Angst und Zweifel. Ohne Schmerz. Einfach nur, weil er es wollte und es ihn glücklich macht.