von Melanie Suette
Am liebsten würde ich mir jeden Zentimeter meiner Haut, den du einst berührtest, einzeln abziehen. Die Schichten langsam bis zum Knochen runterschälen, sodass ich dich nie mehr wieder an mir fühlen kann. Und sobald diese zum Vorschein kommen, jeden Knochen einzeln brechen und zermalmen, bis nichts davon übrig bleibt, außer Staub. Nichts von mir, das es zu berühren gäbe. Mir jeden Fingernagel aus dem Nagelbett reißen, bis nur ein blutüberströmter Stummel zurückbleibt, nie mehr in der Lage dazu dir sanft über den Rücken zu streichen oder deinen Kopf zu kraulen, bis sich deine Augenlider langsam schließen. Jeden Finger einzeln zerhacken, sodass es nie wieder Finger geben würde, die dein Kinn in meine Richtung drehen oder über deine Wange streichen könnten. Keine Finger, die sich noch an das Gefühl dich zu berühren, erinnern. Jedes Mal, wenn ich mich im Spiegel erkenne, will ich mir mit dessen Scherben die Augen ausstechen. Die Augen, die dich so oft so voller Verliebtheit angesehen haben und in die du so nun endlich niemals mehr blicken könntest. Mit den spitzen, scharfen Scherben tief in meine Augenhöhlen graben, alles darin zerstören, bis nichts von ihnen mehr übrig ist und mit bloßen Händen durch diese schreienden Löcher in meinem Kopf mein Gehirn aus meinem Schädel reißen und somit alle Träume und Gedanken von dir, alle Erinnerungen an dich auslöschen. Die einzelnen Stücke in meinen weit geöffneten, damals nie genug von dir bekommenden Rachen stopfen, bis heißes Blut meine Lungen selbst zu Feuer macht. Dieselben Lungen, die jedes Mal, als du da warst, plötzlich schneller atmeten, die es liebten, wenn sich ihre Flügel mit deinem Duft erfüllten. Meine Lippen mit meinen Zähnen zerfleischen, bis nur noch Hautfetzen an den Stellen hängen, die du einst küsstest. Meine Haare in Flammen aufgehen lassen, bis sie nur noch ein schwelgender Haufen Asche zu meinen Füßen sind, auf dass du nie mehr deine Finger durch sie hindurch laufen lassen könntest. Meine Rippen brechen, sodass es keine Gestalt mehr gibt, die du in deinen Armen halten kannst und mein Herz aus meinem Brustkorb reißen, wie du es einst getan hast. Langsam, langsam alles Blut, alles Kraft, alles Leben aus ihm herausdrücken, jeden Moment mit dir, jeden Blick, jedes deiner Worte, jede deiner Berührungen, jedes Gefühl, das du ihm ausgelöst hast zusammen mit dem zuerst spritzenden und dann nur noch langsam tropfenden Blut aus ihm herausquetschen, bis nichts, nichts, nichts von mir mehr übrigbleibt.
© Melanie Suette 2021-02-28