Ein Lied aus alten Zeiten

Beate-Luise

von Beate-Luise

Story

Er war einer der witzigsten Typen in meinem jugendlichen Freundeskreis aus der Schule. Blonder Wuschelkopf, Rennrad, Gitarre. Wir waren in derselben Clique und sahen uns oft, aber waren nie besonders eng miteinander. Gleichwohl mochten und verstanden wir uns. Einmal besuchte ich ihn. Wir alberten herum und kamen auf die Idee, ein Lied zu schreiben. Er nahm die Gitarre und los. Wie unsere Stimmung geriet auch der Song. Wir hatten maximalen Spaß beim Texten und Singen und nahmen das Ergebnis schließlich auf Cassette auf.

Ein oder zwei Jahre nach dem Abi studierte mein Freund S. in Hannover, so wie auch der Wuschelkopf. Also verabredete ich mich mal wieder mit ihm, als ich in der Stadt war. Er wohnte zusammen mit seiner Freundin, die ich auch aus Schulzeiten kannte, in einer irrsinnig coolen Wohnung, richtig studentisch! Ich wohnte nämlich, obwohl auch bereits im Studium, noch zu Hause. Bei denen hing tatsächlich eine Darts-Scheibe an der Wand und wir spielten sofort ein paar Runden. Verrückt, dass gleich neben der Zielscheibe ein Vogelkäfig mit ECHTEN Vögeln hing! Ich hatte noch nie zuvor Darts gespielt und war natürlich alarmiert, was wäre, wenn…. Der Wuschelkopf stieß nur sein fröhlich wieherndes Lachen aus und schlug – wohl vorsichtshalber – vor, unser altes Lied anzuhören. Tatsächlich kramte er das Tape mit UNSEREM Song mit dem fulminanten Titel “Popelrealismus” raus. Und der ging in etwa so:

„Iss keine Popel / denn sie sind so ungesund / sie schmecken schön salzig / und doch sind sie schmalzig. / Die Popel unter dem Knauf / verhärten sich / im Lauf / der Zeit / bis in Ewigkeit.“

Eklig oder Avantgarde?

Wiederum lange später (Monate, Jahre?) rief Wuschelkopf an und bot mir und S. eine Mitfahrgelegenheit nach Italien in seinem Bulli an. Er wolle dort surfen, irgendwo im Gargano. Es war erst um Ostern, aber S. und ich waren wintermüde, so dass wir sofort zusagten. Als wir zum Treffpunkt kamen, war der Bulli eigentlich schon voll, fanden wir. An Bord: Wuschel, sein jüngerer Bruder und zwei von dessen Schulkollegen sowie noch zwei fremde Mädels von der Mitfahrzentrale. Klaro: Geld sparen, günstig fahren! Mein lieber Freund S. grantelte gleich über die Enge. Insgesamt aber eine sehr lustige Sause in meiner Erinnerung.

Wir campierten alle al mare. Wer im Bulli und wer in Zelten und mit wem schlief, weiß ich nicht mehr. S. und ich jedenfalls in einem Zelt. Manchmal fuhren wir zu acht in die Umgebung. Einmal gingen wir in Grüppchen in einem kleinen Ort unserer Wege. Der Wuschelbruder (auch er hatte diese Wahnsinnshaare, nur in dunkel) kam mit seinem Freund später per Anhalter wieder zum Zeltplatz. Aber sieh an: ohne Hose! Statt dieser trug er nurmehr die Jacke um die Hüften, und seine bleichen Stachelbeerbeine staken in Birkenstocks. S. schmiss sich weg vor Lachen. Der Bruder hatte unterwegs Durchfall bekommen.

Wuschelkopf kam noch während des Trips mit einem der Mitfahrmädchen zusammen. Ich erfuhr, dass sie später mehrere Kinder hatten.

© Beate-Luise 2021-07-13

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