Ein Lob auf das Handwerk

Beederl

von Beederl

Story

Wo wären wir alle, wenn es die Handwerker nicht gäbe!? Wobei es der Definition bedarf, wo das Handwerk anfängt. Ich rede einmal nicht vom Handel, von Modehäusern, Super- oder Drogeriemärkten, obwohl diese Angestellten dort auch viele Handgriffe verrichten. Ich rede im Moment von: Dachdeckern. Unmittelbar bin ich davon “betroffen”, wartete schon geraume Zeit auf den Trupp – endlich wird auf mir herumgestiegen.

Gänzliche Erneuerung ist angesagt und ich bin froh, auf die bestehende Bedeckung einfach drüberarbeiten zu können. Darunter lagen Bitumen-Schindeln, die man heute nur mehr nimmt um sein Gartenhaus oder den Hasenstall einzudecken. Vor 44 Jahren war es die letzte Errungenschaft. Günstig, schnell zu verlegen, leicht, in schönen Farben. Jedoch konnte keiner ahnen, dass dieses Material einfach nicht auf ewig ausgerichtet war. Und so bangte ich schon bei jedem Sturm, dass wieder einiges davonfliegt. Nun habe ich mich aus einigen Gründen für eine bekannte aluminiumbeschichtete Eindeckung entschieden und habe das Glück, gleich über die alte Bedeckung die neue aufbringen zu können, ohne das Alte entfernen zu müssen.

Am ersten Tag standen sieben Mann hoch vor dem Haus, inklusive Kranwagen und Baumaterial natürlich. Heute schrieben wir Tag drei und es ist schon ein Gutteil geschehen. Die Sonne brennt herunter und wie wenn es ebenes Gelände wäre, arbeiten diese Männer schwer. Ich bete und hoffe, dass ihnen nichts geschehen möge, dass sie keinen Fehltritt machen. Für mich ist das unvorstellbar, so dahinzuarbeiten, als ob man auf festem Boden stünde. Sie arbeiten eingespielt und nach der Uhr. Die Fläche ist groß, die Kleinarbeiten (Rauchfänge, Blitzableiter, Gefälle-Änderung) umfangreich. Jetzt haben sie drei Tage frei – ich gönne es ihnen. Sie schinden sich körperlich. Was sie verdienen, weiß ich nicht.

Von solchen Arbeitern ist jeder von uns abhängig, egal welche Branche man hernimmt. Ohne sie würden wir am Boden sitzen, hätten kein Wasser, keinen Strom, keine Heizung, usw. Ich ziehe meinen Hut vor ihnen, bewundere ihren körperlichen Einsatz, ihr Können.

Es grassierte oft die Beurteilung, dass man – je mehr und länger desto besser – studieren sollte, um viel zu verdienen und lang frei zu haben. Händeringend wartet man heute auf den Handwerker, der lange Zeit hinweg ausgebucht ist, man lange auf ihn warten muss – bei mir waren es jetzt über zwei Jahre. Es wird soviel kosten, dass man sich darum schon eine kleine Wohnung kaufen könnte.

Das System auf handwerklichen Gebiet ist meiner Meinung nach überbezahlt, auch wenn man die Lohnnebenkosten betrachtet. Für einen Fernseh-Monteur habe ich kürzlich 80 Euro pro Stunde gezahlt, obwohl er nur ein paar Schrauben hier und ein Rohr da verlegt hat. Da wundert es mich wieder nicht, wenn man sich einen “im Pfusch” sucht – und oft nicht findet, weil die Chefitäten es ihnen verboten haben: “Wenn ich sie erwische, können sie am nächsten Tag Kündigung und Papiere abholen!”

© Beederl 2022-06-30

Hashtags