Ein Lungauer Bergbauernbub in Salzburg

Franz Fingerlos

von Franz Fingerlos

Story

Meine erste Fahrt nach Salzburg unternahm ich als Neunjähriger im Sommer 1947. Mein Vater musste zu einem Facharzt in unserer Landeshauptstadt. Wir fuhren frühmorgens von Mauterndorf mit einem Lastwagen unseres örtlichen Transportunternehmens über den Tauernpass dorthin. Gut angekommen in der Stadt, ging es zunächst in die Bahnhofsgegend, wo mein Vater zum Doktor ging. Ich kann mich noch gut an die von Bomben zerstörten Häuser und die großen Schutthaufen in der Stadt erinnern. Es sah furchtbar aus. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass alles wieder aufgebaut werden musste und vor allem, dass diese großen Haufen von Schutt und Dreck weggeräumt würden.

Damals gab es in der Stadt sehr viele „Ami“, also Besatzungssoldaten. Die großen amerikanischen Luxusautos, bei denen die Schweinwerfer schon eingebaut waren, beeindruckten mich. Bei den uns bekannten Autos waren die Scheinwerfer ja noch frei stehende Lampen.

Übernachtet hatten wir in der Altstadt, im Gasthaus „Zur Taube“. Ohne Lebensmittelkarte bekam man damals kaum etwas zu essen. Wir aber hatten eigenen Speck und selbst gebackenes Brot dabei – wohl reichlich genug, denn bei uns jausneten dann auf Einladung meines Vaters etliche Leute begeistert mit. Wir waren dann auch im Dom drinnen. Ich sehe heute noch in meiner Erinnerung die riesige Bretterwand vor dem Hochaltar. Es fiel ja bekanntlich am 16. Oktober 1944 eine Bombe in die große Kuppel, welche, so wie das Presbyterium, dadurch schwer beschädigt wurde.

Mein Vater wurde in der Stadt öfters von Schwarzhändlern angesprochen. Sie wollten ihn an einen dunklen Ort locken und redeten leise auf ihn ein. Jedoch mein Vater ließ sich nicht beeinflussen und schimpfte: „Glaubts, ich lass mich wegen euch einsperren!“ Irgendwo kaufte er bei diesen Leuten, die für damals recht gut gekleidet waren, dann doch Zigaretten. Da bekam ich es mit der Angst zu tun und fürchtetet, dass dieses Handeln beobachtet würde. Was würde passieren, wenn ihn jetzt die Polizei schnappte? Wie käme ich nach Hause, ich fände ja nicht einmal das Auto! Diese fürchterliche Angst legte sich erst, als wir wieder wohlbehalten in dem mir bekannten Lastwagen beim Chauffeur Karl saßen.

Heimzu holten wir in Gartenau noch Zement ab. Dazu fuhren wir ein Stück über die Autobahn. Das war natürlich neu für mich, so eine breite und gerade Straße kam mir wunderbar vor. Die Zementfabrik, vor allem die maschinelle Abfüllung, versetzte mich auch in großes Staunen.

Dann ging es endlich wieder heimwärts. Als wir wohlbehalten nach Mauterndorf kamen und dann zu uns nach Hause gingen, war ich in dem Glauben, die halbe Welt gesehen zu haben. Jedoch zuhause am Faningberg gefiel es mir viel besser. Ich freute mich, dass ich in der Stadt Salzburg gewesen war, aber umso mehr freute ich mich, dass wir wieder gut daheim waren.

© Franz Fingerlos 2019-12-06

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