von Thomas Paar
Freitag, 18. Jänner 2013. Ein Tag wie jeder andere. Diesen Gedanken hatte ich zumindest, als ich meine Augen in der Früh öffnete, und anschließend den Wecker abschaltete. Ich begann meinen Tag, wie ich es immer tat. Raus aus dem Bett, schnell ins Bad, und dann ab in die Firma. Kurz vor Schichtbeginn begab ich mich zu der mir aufgetragenen Arbeit, um damit pünktlich um sechs Uhr zu beginnen.
In meinem Kopf verfestigte sich die Vorstellung, dass ich ungefähr die Hälfte des Arbeitstages benötigen würde, um meine begonnene Arbeit vom Vortag zu beenden. Zumindest dann, wenn alles nach Plan laufen würde. Doch leider läuft es nicht immer so, wie man es sich vorstellt.
Ich hatte eine Kiste voller kleiner Metallteil. In diese Teile musste ich mit einer großen Standbohrmaschine Gewinde bohren. Bereits am Tag zuvor begleitete mich mein kleiner Arbeitsbereich, bestehend aus eben jener Standbohrmaschine und der Kiste mit Metallteilen, durch meine acht Stunden. Da ich wusste, was zu tun war, vergeudete ich keine Zeit.
Es sollte ein weiterer Arbeitstag werden, mit dem sich das Wochenende näherte. Hätte mir zu diesem Zeitpunkt jemand gesagt, dass in ein paar Stunden nichts mehr so sein würde, wie es war, hätte ich derjenigen Person vermutlich nur ein müdes Lächeln geschenkt.
Rückwirkend habe ich diesen Tag immer und immer wieder in meinen Gedanken abgespielt, beinahe durchgekaut wie einen zähen Kaugummi ohne jeglichen Geschmack. >>Alles passiert aus einem guten Grund.<< Ich weigerte mich damals und tue es heute noch, in dem Geschehenen einen guten Grund zu erkennen. Worin steckt das Gute, in dem, was mir passiert war? Ich versuchte lange es zu verstehen, wurde aber nicht schlau daraus. Doch was war passiert?
Während ich also in so ein harmloses Metallteil ein Gewinde bohrte, näherte sich das Unheil in unsichtbarer Gestalt und dennoch mit all seiner zerstörerischen Kraft. Es ging alles so schnell, dass es eigentlich schon vorbei war, bevor es wirklich begonnen hatte. Wenige Augenblicke genügten, um mir einen so immensen Schaden zuzufügen, dass mich die daraus resultierenden Narben mein Leben lang begleiten werden.
Mein rechter Handschuh verfing sich in der großen Standbohrmaschine. Irgendwie, wahrscheinlich aus purem Instinkt gelang es mir, mit meiner linken Hand den Not-Ausschaltknopf zu betätigen. Selbst diese paar Sekunden genügten, um mir schwerste Verletzungen zu bescheren. Der Schock richtete mich automatisch auf und dank des Adrenalinschubs verspürte ich keine Schmerzen.
Vor meinen Augen hielt ich das, was einst einmal meine rechte Hand war. Die Bohrmaschine riss mir meinen Daumen und Zeigefinger aus, und brach meinen kleinen Finger mehrmals. Gegen die Kraft dieser Bohrmaschine wirkten meine Finger wie Soletti. Trotzdem hatte ich noch Glück im Unglück, was für mich nur ein sehr schwacher Trost war.
Ein paar Sekunden, an dem damaligen verhängnisvollen Freitag, reichten aus, um mein Leben für immer zu verändern.
© Thomas Paar 2022-07-25