Ein Platz im Wald

Alex-Schlatz

von Alex-Schlatz

Story

Ich hab‘ keine Ahnung, wie ich es so weit gebracht hab‘. Aber jetzt steh ich irgendwo im Wald. Hab‘ keine Ahnung, was mich auf diesem Weg so gemacht hat. Aber jetzt laufe ich hinter einer kleinen dĂŒnnen Straße her. Und ich hab das GefĂŒhl, sie, sie lĂ€uft davon von mir.Hab‘ keine Ahnung, wohin mich dieser Weg noch bringt. Doch es gibt kein andern.Es wird dĂ€mmrig. Es is‘ kalt. Mein Papa hat einmal gesagt: „Horch gut hin, mein Sohn! Nur wo Schatten, da auch Licht.“Ich wandle jetzt im Schatten. Vor mir viele Kurven. Dann- da ist das Licht.

Das Auto biegt mit zu hoher Geschwindigkeit herum. Es tut so eine Art Klatscher. Ich fliege.Haha. Lustig. Ich hab‘ mir das schon mal gewĂŒnscht.

Stille. Ruhe? Schwarze NĂ€sse. Tropf, tropf.Arm. Am Arm.Ich zittere etwas. Es wird dĂ€mmrig. Es ist kalt. Meine Beine so verdreht. So sinnlos. So so. Ich lieg hier nur so rum. Suhl mich in diesem warmen Wasser aus meim‘ Kopf.Tropf, tropf.

Das Radio im Auto schallert. WĂŒrd‘ ich nur können, wĂŒrd‘ ich den Sender wechseln. Meine GĂŒte! Scheiß egal. Nein. Doch. Irgendwie. Irgendwie ist mir das alles wirklich ach so scheißegal. So egal. So sinnlos. So nichts! So so. Meine Lunge gluckert. LĂ€uft nich‘ wie geplant. Vielleicht etwas aus dem Ruder. Vielleicht etwas auf Asphalt?

Die TĂŒr der Wageninhaberin steht weit offen. Wow, ist das weit. Sie hat ihr Handy in der Hand. Hach! Ich hab‘ scheinbar doch zu großes GlĂŒck. Sie is‘ scheinbar auch von hier. Sie hat nur ein Auto. Das ist aber vielleicht auch schon das Einzige, das uns trennt.Sie hat auch ein Handy. Sie hat ein Handy. Und in ihrem Handy, da steht der JĂ€ger schon mit Vornam‘ drin.

Puh. Die Leute werden mich wohl schnell vergessen. Es gibt ja auch nich‘ viel, was da schon is‘. Vielleicht noch einmal etwas Lachen. Vielleicht noch ein bisschen haha. Bisschen lustig.Alles um mich nur fĂŒr kurz. Gerade halt fĂŒr jetzt. Ohne mich schon wieder weg, schon wieder fast nur Staub. Ja. Es gibt keine Kraft, die dieser Bedeutungslosigkeit gar trotzen könnt‘.Meine Hoffnung? Klar. Meine Hoffnung, die liegt lĂ€ngst bei all den schönen Tieren dieses wunderschönen Walds. Sie beklagen schon seit Jahren Reh, um Has‘, um Frosch, um Freund. Fell, um Fuß, um Herz, um Nas‘. StĂŒck um StĂŒck.

Niedergefahren.

Vielleicht werden sie ja auch um mich trauern? Wenn ich hier so still verend‘?

Ein‘ Platz im Wald das wĂ€r‘ recht schön. Zwischen Moos und Wurzeln ein Podest.

Der dichte Nebel gießt den Boden. Der JĂ€ger steigt aus seinem Jeep.Er bĂŒckt sich ĂŒber meinen Körper, nickt und holt dann sein Gewehr. Seine Stiefel stehen in meiner Lache. Ich blick‘ in ein‘ kohlrabenschwarzen Lauf.

Es is‘ nur ein Moment unter so vielen weiteren Momenten. Nur eine Sekunde. Nur etwas Zeit?

Ein Knall. Die Vöglein steigen in den Himmel.

Eigentlich ist’s schön.

So soll man mich erinnern.

© Alex-Schlatz 2021-03-20

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