Reisebericht von Albert Robert von Eulen
Eine mystische Reise ins Land der aufgehenden Sonne
08. Mai 1905, Osaka
Die Straßen von Osaka waren voll beladen mit einer Menge an Passanten und Händlern, die ihre Ware mit großen Karren hinter sich herzogen. Die hölzernen Fassaden der vielen Einkaufsläden waren mit Papierlaternen geschmückt, während die Straße mit vielen Fahnen dekoriert worden war. Albert folgte seinem Vater und der ganzen Handelsgruppe durch die dichten Straßen hindurch, während man die ausländische Handelstruppe wie so oft neugierig musterte. Inzwischen hatte Albert sich an die neugierigen Blicke gewöhnt und schritt selbstbewusst voran, als er plötzlich durch einen Duft abgelenkt wurde. Neugierig hielt Albert an einem kleinen Holzwagen, der eine riesige Auslage voller Dagashi (Süßigkeiten, die auf Mais und Stärke basieren) besaß. Ein paar Kinder standen nah an den Auslagen, doch sammelten sich eher alle um eine kleine Grillplatte, wo eine kreisrunde geformte Flüssigkeit gebraten wurde. Die gebratene Flüssigkeit bestand aus vielen verschiedenen Gemüsezutaten, erinnerte ihn jedoch bei dem Anblick eher an geschmolzenen Käse. Ganz gleich was dieses Monjayaki (herzhafter Pfannkuchen) auch war, es roch unglaublich köstlich.
Schon wollte Albert sich für eine Portion anstellen, als es plötzlich anfing zu tröpfeln. Der abrupte Regen ließ viele der Anwesenden Schutz unter den Geschäften suchen, worunter auch Albert und sein Vater gehörten. Einige Andere zogen Regenschirme hervor und schritten so trocken durch den Regen weiter. Dennoch hatte sich schnell die Straße zunehmend geleert, während der Platzregen schlagartig immer stärker wurde. Den Regen abwartend, blickte Albert sich von der leeren Straße in die Seitengasse um. Auch die Seitengasse zur Hauptstraße hatte sich geleert, bis auf einen Herrn in feiner Kleidung. Dieser zog selbst schnell seinen Regenschirm hervor, um sich auch vor dem Regen zu schützen, als Albert etwas an dem Schirm bemerkte. Kurz hatte er eine Bewegung an dem Schirm bemerkt, als hätte ein Auge darauf geblinzelt. Irritiert von diesem Trugbild blinzelte Albert selber ein paar Mal, doch er sah das Auge noch immer genauso wie ein Mund mit einer langen Zunge, die aus dem Schirm zu kommen schien.
Verwundert sah Albert zu, wie der Regenschirm mit seiner Zunge das Handgelenk des Mannes griff und ihn fröhlich zurückzog. Überrascht atmete der Mann darauf ein und wurde innerhalb des Platzregens sofort nass. Kaum war er etwas mitgezogen worden, ließ sich der Regenschirm unscheinbar zu Boden in eine Pfütze fallen. Schnell schloss der Regenschirm sein Auge, sodass der Mann völlig überrumpelt von der Aktion nicht verstanden hatte, was gerade passiert war und einfach seinen Regenschirm wieder aufhob. Der Mann rannte weiter, wobei sich dieses Mal der Regenschirm ganz normal aufspannen ließ.
Was hatte Albert nur jetzt schon wieder gesehen?
© Genevieve_A_Königsberg 2022-07-16