von Fay Linda Jussel
„Die Leid stengan auf des Grausliche. De woin des seng, die woin des gspian. Wenns mi seng, donn sans froh, dass söba ned so ausschaun. Dass eana bessa geht. Sie seng meine offenen FiaĂ, die wunden Stöhn, de saftln. Die meisten gengan weida, oba i gspiar des, wer spĂ€da no amoi an mi denkt. Des siach i im Gsicht vo die Leid. Oba wasst, die meistn Leid san tiaf und grauslich, ned, dass sies zugeben, aber tiaf drinnan, do sans grausliche Leid. Stöhn sie vor, wia’s wen pudan, oder wia’s wen vergewoitigen. I wor friah amoi a Proffessor, jo do schaust jetzt, i waĂ, i schau ned so aus. Oba i wor amoi so a gscheida Mensch und i hob vĂŒ Leid kenna glernt. Und soi i da wos sogn? De san olle grauslich, durch de Bonk. Egal ob Bankdirektor oder FrisĂ€r, olle miassn si hisetzn beim scheissn. Und wenns bsoffn san, donn kummt die gonze Grauslichkeit zum Vorschein. Do kummt ois aussa. Weil da Mensch is a grausliches Viech. Des muass jo so sei, schaun sie sich die Leid amoi an, die Menschen, wo des fia ein depaden Viech is. Ka ondas Viech is so bled, wia da Mensch. Wissn, die Grösse vom Gehirn mocht hoid ned vĂŒ aus, des is wia beim Beidl, wenn mas ned gscheid vawendt, donn is wurscht, wie groĂ das is. Und da Mensch hot vielleicht a riesen Hirn und seine Triebe unter Kontrolle, oba schauns amoi in a Zeitung! Schauns amoi die Nochrichtn! Do stehts drinnan, wia grauslich da Mensch is. Wenn da Mensch guad warad, dann gabats kane Sandla. Donn gabats kane FlĂŒchtling, wei da miassat kana flĂŒchten, verstehst! Wenn da Mensch ned so grauslich warad, donn gabats kane misshandelten Kinda. Oba wo ma hischaut, ĂŒberoi san die Grauslichkeitn vo den Menschen. I hob no nie ghĂ€hrt, dass a Fuchs oder a Reh im Woid die Kontrolle ĂŒbernumma hĂ€t und olle beherrscht hod. Oda dass a Bam die ondan Bam im Woid misshandelt hĂ€tt. Wasst wo i man? Die Menschen san grauslich.
UInd wenns bei mir vorbei gegan, und mi seng, donn kummt die Grauslichkeit a aussa. Wei da sitzt sie kana zu mir und dazöht ma moi wos. Oder bringt ma a neiche Hosn, wenn i meine obrunzt hob. A Göd jo, weils donn bessa schlofn, oder wos zum Essn, weils ned woin, dass i ma wos zum Saufn kauf. Dabei is des saufn eh supa, do gspiar den wunden Körper nimma. GehĂ€ssich und grauslich. Glaubn de des is nĂŒchtern leichta auf da Strossn? Scheiss du amoi nĂŒchtern auf da Strossn vor olle Leid, des schau i ma oa. Des muasst ma moi zagn. Wennst ka Klo host und ka Klopapier. Des is bsoffn a lustiger, aba ned amoi des gönnens am. Des is scho wirkli tiaf grauslich. Oba angeblich strotzma nua so vor Empathie, oiso die Empathie muasst ma zagn.“
Das war das letzte was er sagte, dann schlief er ein.
© Fay Linda Jussel 2021-02-16