Ein Sommer der Zikaden

Susanne Kraus-Winkler

von Susanne Kraus-Winkler

Story
2020

Der Sommer in der Toskana hat seinen eigenen Rhythmus. Im Juni ist es tagsüber herrlich warm und abends ziemlich kühl, vor allem dann, wenn von unserem Wäldchen, Traudi Portisch’s Geisterwald, wo sie immer auch Gnome und andere Wesen traf, die Abendkühle stetig heraufzieht. Wenn man abends unter dem Verandadach sitzt und genussvoll einen selbstgemixten Negroni trinkt und dabei auf die Hügeln von Buggiano träumerisch blickt, braucht man, wenn die Sonne untergeht, schon mal etwas Wärmendes, vor allem, wenn man sich von diesem Blick über die Toskanische Landschaft so gar nicht trennen kann. Seele hebt ab, vor lauter lieblicher Natur- und Kulturpracht, die vor einem ausgebreitet liegt und als Landschaft so still vor sich hin träumt. Und die Zikaden sitzen in den Bäumen und singen ihr Lied des Sommers dazu.

Im Juli ist es meist schon ein wenig wärmer, aber tagsüber immer noch angenehm. Nur abends bleibt es nun schon wunderbar warm, auch wenn die Sonne und die Zikaden gemeinsam den Tag beenden und sich, nach einem Tag voller Lebenslust, so majestätisch zurück zu ziehen beginnen.

Im August ist der Sommer dann mit seiner ganzen Kraft präsent, Hitze Tag und Nacht. Die Zikaden singen mit der Hitze um die Wette und die Veranda wird zum Ort, wo man am ehesten der Hitze dann und wann entfliehen kann. Für den „leichten Hauswein“, selbst gemacht mit alter Gerätschaft und in großen grünen Glasbluzern gelagert, mit Toskanischen Olivenöl nach alter Tradition haltbar verschlossen, wie halt üblich im bäuerlichen Haushalt, braucht man jetzt doch Eiswürfeln, um die Hitze innen und außen ausgleichen zu können.

Ende August kündigt sich aber ganz still, mit ersten kleinen Schritten, bereits der wunderbare Toskanische Herbst an. Ein Herbst voll mit Lebenslust bei Wein- und Olivenernte, bei Obst- und herbstlicher Gemüseernte und was sonst noch so im hauseigenem Gemüse- und Obstgarten herbstlich heranreift. Wir haben viele alte Obstbäume, von Hugo und Traudi Portisch mit viel Liebe und Bedachtheit gepflanzt, in diesem alten Haus, mit seinen vielen Geschichte, übernommen. Das Leben entfaltet sich mit seiner ganzen Pracht und Fülle in dieser Naturlandschaft. Perfekt für die nächste Gedankenreise zur „Endlichkeit des Lebens“ und der „Dankbarkeit fürs erdengebundene Dasein“. Natürlich auf der Veranda, bei Sonnenuntergang, mit dem Blick übers Land und einem neuen „Negroni“ in der Hand. Und die Zikaden singen dazu wie immer, und die Unendlichkeit wird doch greifbar.

Diese Story widme ich der AUA Flugbegleiterin, die mir heute am Flug von Paris nach Wien völlig unerwartet erzählt hat, daß sie große Freude beim Lesen meiner story.one Geschichten über die Toskana hatte und hofft, daß ich weiter darüber erzähle. Sie hat mir damit eine große Freude bereitet und mich zu dieser Geschichte inspiriert, ich bedanken mich herzlich bei ihr !

© Susanne Kraus-Winkler 2020-09-06