Ein Tag von Bedeutung (I/II)

Wie jedes Jahr an diesem Tag erinnert mich mein Kalender an eine besondere Begebenheit. Besonders für mich, denn eigentlich ist es eine triviale Geschichte. Doch manchmal entwickelt sich Triviales zu einer Katastrophe.

Am heutigen Tage vor ein paar Jahren klicke ich auf FB auf den Butten mit der Freundschaftsanfrage. Das mache ich an jenem Tag dutzendfach, weil ich Farmville spiele und ein paar andere Games, um die Zeit rumzubringen. Und für die Spiele braucht man Freunde. Ich hab hunderte davon. Die meisten sind stumme Leichen, die auch nur spielen wollen. Mit manchen entsprinnen sich dann doch über die Zeit aus einem Like, einem Kommentar, „echte“ Freundschaften, quer über die ganze Welt. Lucy aus Kanada zum Beispiel, glühender Elvis Fan mit einem Faible für alles, was mit Fröschen zu tun hat. Wir schreiben uns immer noch Mails und Karten zu den Festtagen. Susi aus Deutschland. Sie kämpft gegen ihren Morbus Crohn, ist darüber hinaus ein herzlieber Mensch mit viel Empathie. Alex, auch ein Deutscher, Trucker aus Leidenschaft, der das Photographieren für sich entdeckt und ein richtig gutes Auge für Details hat. Nur drei Beispiele. Irgendwie schon toll.

Eins dieser Mädchen, das meine Anfrage akzeptiert, ist “Franzi”. Nicht ihr echter Name, ich will sie nicht bloßstellen. Und ich weiß ihren echten Namen sowieso bis heute nicht. Als sie die Anfrage bestätigt, schau ich mir ihre Fotos an. Sie ist eine bildhübsche Frau. ’n bisschen klein, aber die freche Klappe ist dafür umso größer. Das find ich raus, als sie meine Beiträge zu kommentieren beginnt. Erst kurze Worte nur. Dann langsam mehr. Dann lange nichts. Irgendwas zieht uns in Worten aneinander. Wir triezen einander, bringen einander zum Lachen. Irgendwann schreiben wir, erzählen von den Sorgen, der Familie, und dann telefonieren wir. Ich bin sofort in ihre Stimme verliebt. Vielleicht bin ich aber auch schon lang davor in ihre geschriebenen Worte verliebt.

Wir quatschen jeden Abend, stundenlang. Dann auch – kurz – unter tags. Wir streiten, wir flirten. Es ist unglaublich intensiv, wie diese Frau mich an sich zieht! Nicht einen Sinn, den sie nicht stimmsanft stimuliert. Und wenn sie nicht sanft ist, dann zerrt sie an meinen Nerven, brüllt mich an, beschimpft mich derbe. Ein brodelnder Vulkan aus Stimulus, ein schöngeistiges Schandmaul ist sie. Sie hat ein Herz aus Gold, das einen kleinen Makel hat. Doch, welches Herz hat sowas nicht!

Ein ganzes Jahr vergeht, wir streiten oft, wir lachen, lieben. Eines Tages brüllt sie mich wieder an: “Ich kann das nicht! Mit dir verlier ich die Kontrolle. Es ist so intensiv. Ich denke nur noch an dich. Ich renne aus dem OP, sobald ich kann, nur um deine Stimme endlich zu hören. Ich mache Fehler, bin unkonzentriert. Und wenn du nicht abhebst, dann bin ich wahnsinnig vor Verzweiflung. Ich denke dich mit anderen Frauen, mit deinen Weibern! Ich bin eifersüchtig, rasend eifersüchtig. In meiner Vorstellung fickst du dann grad ’ne andere…

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