von Marcela
Eines Abends lag ich im Bett und beschloss spontan, mich bei Tinder anzumelden. Hatte ja schließlich bei einigen Bekannten auch super geklappt.Eigentlich war ich Online-Dating skeptisch eingestellt. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ich auf der Basis von einem Bild bewerten sollte, ob ich mir vorstellen könnte, eine Person zu daten.
Nach wenigen Minuten schrieb mich schon ein nett aussehender junger Mann namens Leo an. Mit seinen etwas längeren braunen Haaren und den haslnussbraunen Augen war er genau mein Typ. Wir schrieben den ganzen Abend ein wenig hin und her und beim Schlafengehen erwischte ich mich dabei, an ihn zu denken.
So ging es die nächsten paar Tage weiter. Mit jedem Tag fühlte ich mich mehr zu ihm hingezogen, er schien genau das zu sein, was ich mir wünschte. 3 Tage nach unserer ersten Nachricht schlug er dann vor, sich persönlich zu treffen. Nervös willigte ich ein und wir vereinbarten ein Date für den nächsten Abend im Café Hildebrandt im 8. Bezirk.
Am Hinweg zum Date fĂĽhlte ich mich sehr nervös. Offenbar hatte ich mich schon ein wenig verguckt, stellte ich schmunzelnd fest. Hätte ich bis zu diesem Tag niemals geglaubt, dass man sich nur ĂĽber das Chatten vergucken kann. Im CafĂ© angekommen, setzte ich mich auf den ersten freien Tisch. Ein paar Minuten später kam er durch die TĂĽr. Er sah genauso aus wie auf dem Foto – einfach zum AnbeiĂźen, stellte ich zufrieden fest. Mein Herzschlag beschleunigte sich und so dauerte es eine Weile, bis ich es bemerkte: Da ging eine Frau genau neben ihm.
Beide setzten sich zu mir an den Tisch. „Hey, wie gehts?“, machte er sofort den Gesprächseinstieg. Wir fĂĽhrten ein paar Minuten Smalltalk und ich versuchte, die Frau, die noch kein einziges Wort gesprochen hatte, so weit wie möglich zu ignorieren. Ob sie wohl seine Sozialarbeiterin war? Nach einigen weiteren Minuten riss mir aber der Geduldsfaden und ich fragte freundlich: „Wen hast du denn mitgebracht?“
Die beiden sahen sich an und begannen zu lachen. „Ach, du hast einen lustigen Humor.“, bemerkte sie mit einer hohen, nasalen Stimme, die mich sofort nervte. „Sie ist natĂĽrlich meine Freundin, mit der ich schon seit Jahren zusammen bin.“, stellte Leo danach grinsend fest.
Seine was? Ich konnte nichts anderes tun als entsetzt zu schauen. „Wieso hast du mir denn nicht gesagt, dass du eine Freundin hast?“, fragte ich und spĂĽrte, wie Wut nach und nach durch meinen Körper floss. Er schaute mich nur hilflos an. „Stand doch alles in der Biografie.“
Welche Biografie? Hatte Tinder denn ĂĽberhaupt so etwas? Durch meinen zweifelnden Blick angespornt zog er sein Handy hervor und demonstrierte es mir. Tatsächlich, da stand es: „Paar sucht dritte Person fĂĽr eine heiĂźe Nacht.“ Oh mein Gott, war das peinlich, die wollten einen Dreier mit mir! Ich zahlte so schnell wie möglich meine Rechnung und eilte aus dem CafĂ©. Tinder wurde nach dieser Erfahrung sofort wieder deinstalliert.
© Marcela 2020-01-18